Wer ist das Europäische Parlament?

Derzeit umfasst das Europäische Parlament 751 Abgeordnete aus den 28Mitgliedsstaaten der EU. Jedes Land verfügt über eine festgelegte Zahl an Abgeordneten – Deutschland stellt als größtes Mitgliedsland 96, Malta als kleinstes 6 Parlamentarier. Diese Sitzverteilung zwischen den einzelnen Ländern spiegelt die relative Einwohnerzahl der einzelnen Staaten nur unvollkommen wider.

Das Präsidium des Europäischen Parlaments wird von den Abgeordneten mit absoluter Mehrheit aus ihrer Mitte gewählt. Es besteht aus dem Parlamentspräsidenten, vierzehn Vizepräsidenten und fünf Quästoren. Der Parlamentspräsident vertritt das Parlament nach außen und leitet die Plenarsitzungen, wobei er aber auch von den Vizepräsidenten vertreten werden kann. Außerdem ist das Präsidium für die Verwaltung des Parlaments und seines Budgets zuständig. Die Quästoren, die im Präsidium nur eine beratende Stimme haben, übernehmen vor allem Verwaltungstätigkeiten, die die Abgeordneten unmittelbar betreffen. Die Präsidiumsmitglieder werden jeweils für eine halbe Legislaturperiode, also für zweieinhalb Jahre gewählt.

Ein weiteres wichtiges Gremium für die Organisation des Europäischen Parlaments ist die Konferenz der Präsidenten, die sich aus dem Parlamentspräsidenten sowie den Vorsitzenden aller Fraktionen zusammensetzt. Die Konferenz der Präsidenten beschließt unter anderem über die Tagesordnung der Plenartagungen und über die Zusammensetzung der Parlamentsausschüsse.

Wie kommt das Europäische Parlament ins Amt?
Das Europäische Parlament wird seit 1979 direkt gewählt. Seither können die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union alle fünf Jahre ihre Abgeordneten unmittelbar selbst bestimmen, wobei die Wahlverfahren in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich sind.

Wie arbeitet das Europäische Parlament?
Straßburg ist Sitz des Parlaments. Zwölf Wochen im Jahr sind für Plenarsitzungen in Straßburg vorgesehen. Zwischen den Sitzungswochen tagen die Ausschüsse und Fraktionen in Brüssel, um einen ständigen Kontakt zur Kommission und zum Rat zu ermöglichen. In dieser Zeit können in Brüssel weitere Plenarsitzungen abgehalten werden. Die Debatten werden simultan in alle 27 Amtssprachen der Europäischen Union übersetzt.

Das Generalsekretariat des Parlaments sitzt in Luxemburg. Das Europäische Parlament unterhält zudem Informationsbüros in den Hauptstädten aller Mitgliedstaaten und zusätzlich Regionalbüros in den fünf großen Mitgliedstaaten. Die deutschen Informationsbüros finden sich in Berlin und München.

Um Themen sachgerecht und fachkundig behandeln zu können, sind im Europäischen Parlament 20 ständige und z.Zt. zwei nichtständige Ausschüsse gebildet worden. In den Ausschüssen werden spezifische Sachbereiche bearbeitet und die Entscheidungen der Plenarsitzungen vorbereitet.

Wie in den nationalen Parlamenten bündeln die Abgeordneten im Europäischen Parlament ihre politischen Kräfte in Fraktionen. Mit einem Unterschied – sie kommen aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten mit vielfältigen politischen Traditionen. Einen Fraktionszwang – die Pflicht, so abzustimmen wie zuvor ausgehandelt – kennt das Europäische Parlament nicht. Die Fraktionen setzen sich wiederum aus den nationalen Delegationen oder Gruppen zusammen.

Welche Aufgaben hat das Europäische Parlament?
Das Europäische Parlament ist am Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren in der EU maßgeblich beteiligt. Neben der Europäischen Kommission und dem Ministerrat gehört es somit zu den drei großen europäischen Institutionen. Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments werden meist unterschätzt. Dabei hat das Parlament noch bei verschiedenen anderen grundlegenden Entscheidungen der EU ein gehöriges Wort mitzureden: So ist die Zustimmung des Parlaments bei der Ernennung der Kommission ebenso notwendig wie bei der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten:

– Gesetzgebung: Bei etwa 70 Prozent aller europäischen Gesetze entscheidet das Parlament mit. Man unterscheidet hierbei drei Verfahren. Beim Konsultationsverfahren ist die Beteiligung des Parlaments am geringsten. Es kann hier nur seine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Kommission abgeben, die letztliche Entscheidung trifft aber allein der Rat. Etwas stärker ist die Rolle des Europaparlaments beim Kooperationsverfahren – das letzte Wort hat aber auch hier der Rat. Anders beim Mitentscheidungsverfahren: Im Gegensatz zu den zwei anderen genannten Verfahren steht das Parlament hier dem Ministerrat gleichberechtigt gegenüber. Und ein Gesetz kann nur dann verabschiedet werden, wenn beide Seiten zustimmen. Auch beim Zustimmungsverfahren, das bei fundamentalen Entscheidungen angewendet wird, geht ohne das Europaparlament nichts. Das betrifft beispielsweise die Erweiterung der Europäischen Union.

– Haushalt: In der Europäischen Union liegt das Budgetrecht nicht allein beim Europäischen Parlament, sondern die Volksvertretung teilt sich dieses mit dem Rat. Die beiden Organe müssen bei der Entscheidung über den Gemeinschaftshaushalt zusammenarbeiten. Das letzte Wort hat das Europäische Parlament bei den sogenannten „nicht obligatorischen Ausgaben“ – das sind Ausgaben, die sich nicht direkt aus dem Vertrag der Europäischen Union ergeben. Diese bilden etwas mehr als die Hälfte des Gesamtetats und beinhalten etwa die Regional- oder Forschungsmittel. Bei den obligatorischen Ausgaben hingegen – vor allem bei der Agrarpolitik – spielt das Parlament gegenüber dem Rat eine untergeordnete Rolle. Bei der Verabschiedung des Gesamthaushaltes geht allerdings letztlich kein Weg am Europäischen Parlament vorbei. Denn der Haushalt tritt erst dann in Kraft, wenn das Parlament ihm zugestimmt hat.

– Kontrollbefugnisse: Das Parlament übt vor allem gegenüber der Kommission und dem Rat Kontrollfunktionen aus. Dabei verfügt das Europäische Parlament über ein breites Arsenal an Kontrollmöglichkeiten, das in vielem dem nationaler Parlamente entspricht: So kann es etwa Anfragen an Kommission oder Rat richten oder spezielle Untersuchungsausschüsse einsetzen. Ein weiteres wichtiges parlamentarisches Kontrollinstrument liegt in der Haushaltsentlastung. Es entscheidet jährlich darüber, ob der Kommission die Entlastung für eine ordnungsgemäße Haushaltsführung ausgesprochen werden soll. Welch weitreichende Folgen eine Nicht-Entlastung haben kann zeigte sich 1999. Als damals das Europaparlament der Kommission die Entlastung verweigerte, musste diese zurücktreten. Das stärkste Kontrollrecht besitzt das Europaparlaments im Instrument des Misstrauensantrag gegen die Kommission. Es kann der Kommission so zum Rücktritt zwingen.