Europäisches Parlament gibt grünes Licht für Reform des europäischen Telekommunikationsrechts

Das Europäische Parlament hat in dieser Woche mit großer Mehrheit dem so genannten Telekom-Paket zugestimmt. Zuvor hatten sich die Europaabgeordneten im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss mit dem EU-Ministerrat einigen können.

"Der gefundene Kompromisstext ist ein Erfolg für das Europäische Parlament. Im Vergleich zu der ursprünglichen Formulierung haben wir einen besseren Rechtsschutz für die Internetnutzer erreicht. Bei dem für uns wichtigen Punkt des Richtervorbehalts konnten wir im Vermittlungsausschuss insofern durchsetzen, dass dieser nun durch einen Verweis auf die ‚Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten‘ im Gesetzestext verankert wurde. Wir haben damit sichergestellt, dass die Sperrung eines Internetzugangs bei vermeintlichen Rechtsverstößen nicht der Willkür anheimfällt, sondern es einer gerichtlichen Entscheidung bedarf. Ein Betroffener hat das Recht auf eine Anhörung in einem fairen Rechtsverfahren. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Schutz der Privatsphäre müssen beachtet werden. Damit ist ein entscheidender Schritt getan, bürgerliche Freiheitsrechte zu sichern.

Jetzt liegt der Ball im deutschen Spielfeld. Die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag müssen nun die Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Sie täten gut daran, diesen Richtervorbehalt eindeutig im Gesetz zu verankern, um zukünftig rechtliche Unklarheiten von vorneherein auszuschließen", so die SPD-Medienexpertin Kammerevert.

"Durch den Kompromisstext kann das gesamte Telekom-Paket endlich in Kraft treten. Verbraucher können sich nun auf massive Verbesserungen freuen", betonte Petra Kammerevert. „So soll zukünftig ein Telefonanbieterwechsel unter Mitnahme der eigenen Telefonnummer innerhalb eines Werktages möglich sein. Auch kostenlose Rufnummern sollen in Zukunft vom europäischen Ausland erreichbar sein – bisher sind sie meist nur innerhalb des nationalen Netzes freigeschaltet.“

Hintergrund:
Am 6. Mai 2009 hat das Europäische Parlament drei Berichte des Telekom-Pakets (Trautmann-Bericht, Del Castillo-Bericht, Harbour-Bericht) in zweiter Lesung verabschiedet. Beim Bericht der französischen Sozialistin Catherine Trautmann wurde allerdings überraschend ein Änderungsantrag zum Thema Internetsperren verabschiedet, welcher nicht Teil der Kompromissvereinbarung mit dem EU-Ministerrat war
Der Änderungsantrag 138 besagte, dass ein Nutzer bei Rechtsverstößen vom Internet nur ausgeschlossen werden kann, wenn zuvor ein Gericht eingeschaltet wurde. Dem wollte der EU-Ministerrat nicht zustimmen, da es nicht zulässig sei, die Mitgliedstaaten in eine bestimmte rechtliche Struktur zu zwingen, die sich auch auf strafrechtliche Belange erstreckt.

Pikante Nebenbemerkung: Dem Kompromisstext hat auch ein Vertreter der Piratenpartei im Vermittlungsausschuss zugestimmt.

Mit der Annahme des Kompromisstextes kann nun das gesamte Telekom-Paket zu Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben 18 Monate Zeit, das Gesetz ins nationale Recht umzusetzen.