
Petra KAMMEREVERT im Blog der SPD-Bundestagsfraktion:
Ja, es war ein wichtiger Etappensieg, als der Innenausschuss des Europäischen Parlaments am Montag dieser Woche mit breiter Mehrheit einem Kompromiss zugestimmt hat, der die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Internetseiten mit kinder-pornographischen Inhalten zu löschen. Sperren liegen demnach allein in nationaler Verantwortung, bedürfen einer nationalen Rechtsgrundlage und sollen nur dann möglich sein, wenn das Löschen von Seiten nachweislich nicht möglich ist. Sperren müssen auf das absolut notwendige Maß beschränkt sein, benötigen einer vorherigen Genehmigung und das Einlegen von Rechtsmitteln muss möglich sein. In Anbetracht der schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Parlament in dieser Frage ist dies sicherlich ein Erfolg, dennoch kann man aus meiner Sicht weder vollständig zufrieden sein damit, noch kann man von einer Entwarnung sprechen.
Die weitergehende Forderung des Kulturausschusses, explizit einen Richtervorbehalt vorzusehen, die einstimmig auf meine Initiative hin beschlossen wurde, fand im Innenausschuss keine Mehrheit. Damit entfällt ein wichtiger und aus meiner Sicht notwendiger Sicherungsmechanismus, zu dem der Kulturausschuss die Mitgliedstaaten, die schon heute das Sperren von Seiten vorsehen, verpflichten wollte. Lediglich eine vorherige Autorisierung vorzusehen, ohne zu definieren, wer diese vornehmen kann, erscheint mir viel zu vage und rechtlich zu unpräzise.
Wenig zuversichtlich stimmt auch die Ankündigung der zuständigen EU-Kommissarin Malmström beim Europäischen Polizeikongress in Berlin, ihren Kampf für Websperren weiterhin fortsetzen zu wollen.
In den jetzt anstehenden sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission wird seitens des Parlaments lediglich die Berichterstatterin Angelilli teilnehmen, die sich bislang nicht als glühende Verfechterin für “Löschen statt Sperren” einen Namen gemacht hat, sondern eher dafür bekannt ist, dass sie Internetsperren durchaus für eine sinnvolle Methode hält. Man darf gespannt sein, mit welcher Verve sie sich für den Beschluss des Innenausschusses einsetzt! Hier ist dann auch die deutsche Bundesregierung gefordert, ihrer Ankündigung, sich gegen eine europaweite Verpflichtung von Internetsperren einzusetzen, Taten folgen zu lassen.
Es geht keineswegs darum, den berühmten Teufel an die Wand zu malen, aber es ist weiterhin höchste Aufmerksamkeit erforderlich und vermutlich auch ein entsprechendes Maß an öffentlichem Druck sowohl gegenüber dem Europäischen Parlament, an dem im Innenausschuss gefundenen Kompromiss festzuhalten, als auch gegenüber der Bundesregierung, bei ihrer Haltung zu bleiben und entsprechend die Parlamentsforderungen zu unterstützen.
Wie notwendig das ist, zeigt eine Pressemitteilung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dr. Günter Krings nach einer gemeinsamen Sitzung des Geschäftsführenden Vorstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Darin interpretiert die Union den Beschluss des Innenausschusses des Europaparlaments dahingehend, dass gesperrt werden „muss“, wenn an der „Quelle” nicht gelöscht werden kann. Wörtlich heißt es zu der verfassungswidrigen Situation durch die Aussetzung des Sperrgesetzes in Deutschland:
„Daraus folgt, dass nunmehr auch bei uns nicht länger auf das Sperren verzichtet werden darf. Ein Jahr lang wurde das entsprechende Zugangserschwerungsgesetz nicht angewandt, es wurde nur gelöscht und nicht gesperrt. Die Erfahrungen belegen, dass nicht alle Darstellungen von Kindesmissbrauch gelöscht werden konnten, sondern eine große Anzahl dieser Seiten verfügbar bleibt. Hier dürfen wir nicht länger zuwarten und die Augen verschließen, sondern müssen dann diese verbliebenen Seiten sperren.“
Wider besseren Wissens beharrt die Union also auf falschen Zahlen und hält an falschen Lösungen fest.
Quelle: blogs.spdfraktion.de
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