
Heute verabschiedete das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs an Kindern. Während die Parlamentarier hierin die europaweite Einführung von Internetsperren verhindern konnten, unterbreitet die Kommission erneut Vorschläge, die Fans der informationellen Selbstbestimmung erschaudern lassen.
"In zähem Ringen haben wir Abgeordnete viele wichtige Elemente, wie den Opferschutz, die Förderung der Aufklärung und bessere Prävention durch Stärkung von Medienkompetenz in die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs an Kindern einbringen können. Besonders freut es mich aber, dass wir die europaweite Einführung von Internetsperren durch diese Richtlinie erfolgreich verhindert haben. Das effiziente Löschen kinderpornografischer Inhalte im Netz ist wirksamer und mit Blick auf die Kommunikationsfreiheit jedes einzelnen EU-Bürgers das Mittel der Wahl", kommentiert die SPD-Europaabgeordnete Petra KAMMEREVERT die heutige Entscheidung. Jedem müsse zudem bewusst werden, dass "Kinderpornografie" immer die Dokumentation eines stattgefundenen Verbrechens sei, deren Verbreitung Kindern immer wieder erneut Schaden zufüge.
"Es ist jedoch erschreckend, dass die Kommission offenbar nach wie vor nicht bereit ist anzuerkennen, dass Kommunikationsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung elementare demokratische Errungenschaften sind, die nicht zum Zwecke einer behaupteten besseren Verbrechensbekämpfung oder der Schaffung vermeintlicher Sicherheit über Bord geworfen werden dürfen. Mit fortschreitenden technologischen Möglichkeiten wird es immer schwieriger, diese grundlegenden Werte zu verteidigen und wir müssen dringend darauf achten, dass wir uns im Streben nach vermeintlich mehr Sicherheit nicht selbst der Grundlagen unserer Demokratie berauben. Erlaubt man alles, was die Informations- und Kommunikationstechnologie heute zu leisten vermag, öffnet man der totalen Überwachung jedes einzelnen Menschen Tür und Tor", warnt die Medienexpertin KAMMEREVERT.
Bei den Vorschlägen der Kommission zum EU-Fluggastdatenabkommen mit Australien, bei dem für Parlamentarier kaum durchschaubaren INDECT-Projekt und dem diese Woche durch Innenkommissarin Malmström unterbreiteten Vorschlag zur Schaffung von Registrierungsprogrammen für die Ein- und Ausreise an EU-Außengrenzen würden Möglichkeiten der Datenerfassung, -verarbeitung und -speicherung entwickelt, die den Eindruck entstehen ließen, es gäbe diese Grundfreiheiten schlichtweg nicht. "Aus meiner Sicht sind all diese Vorschläge zumindest mit dem deutschen Verfassungsrecht nicht vereinbar. Die Feststellung der Kommission, dass neue Technologien noch nie da gewesene Möglichkeiten böten, wie sie es ausdrücklich in der Mitteilung zu ‚Intelligenten Grenzen‘ niederschreibt, verstehe ich deshalb eher als Drohung denn als Chance", Petra KAMMEREVERT abschließend.