
SPD-Europaabgeordnete lehnen Kommissionsvorschlag zu Flugdienstzeiten ab
Gegen die Stimmen der SPD-Abgeordneten hat das Europäische Parlament am Mittwoch den Vorschlag der EU-Kommission und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) zu den Dienst- und Ruhezeiten von Piloten und Kabinencrew angenommen. Die für die Ablehnung notwendige qualifizierte Mehrheit wurde entgegen der Empfehlung des federführenden Transportausschusses nicht erreicht. Der Vorschlag bringt zwar in einigen Bereichen eine Verbesserung des Status Quo, missachtet aber in wesentlichen Punkten die von Wissenschaftlern ermittelten Höchstwerte für Flug- und Bereitschaftszeiten. Mit der Annahme des Vorschlags sind die Flugsicherheitstandards nun für die nächsten Jahre festgesetzt.
Petra KAMMEREVERT, SPD-Europaabgeordnete und stellv. Mitglied im Verkehrsausschuss, kommentiert das Ergebnis: "Es ist völlig unstrittig, dass eine EU-weite Regulierung der Flug- und Bereitschaftszeiten notwendig ist. Wenn aber die von der EASA (Europäische Flugsicherheitsagentur) selbst beauftragten Wissenschaftler einstimmig zu dem Ergebnis kommen, dass eine Nachtflugzeit von mehr als zehn Stunden die Flugsicherheit gefährdet, kann ich doch nicht einer Regelung zustimmen, die einfach bis zu zwei Stunden drauf schlägt. Ich will nicht als Alibi herhalten, wenn ein Pilot wegen Übermüdung nach elf Stunden einen gravierenden Fehler macht. Denn dann wird es heißen, das Parlament hätte diesen Regeln doch zugestimmt."
Neben den Inhalten kritisiert Petra KAMMEREVERT vor allem die Verfahrensweise: "Am Vorabend der Abstimmung wird ein Kompromiss zwischen einer Gewerkschaft und der Kommission hinter geschlossenen Türen ausgehandelt, der noch nicht einmal in den abzustimmenden Gesetzestext eingearbeitet wurde. Ohne jede Prüfmöglichkeit waren wir jedoch nicht bereit, einem solchen Kompromiss zuzustimmen, der zudem noch mit lediglich einer Gewerkschaft ausgehandelt wurde, in der die meisten Piloten gar nicht organisiert sind." Aufgrund des sogenannten Komitologie-Verfahrens hat das Europäische Parlament formell nur ein Veto-Recht (Take it or leave it) und konnte daher an den Inhalten des Vorschlags nichts ändern. Die Frist für diesen Einspruch wäre erst am 25. Oktober abgelaufen.
"Da in zwei Wochen bereits die nächste Plenarsitzung stattfindet, hätten wir auch dann immer noch fristgerecht eine Entscheidung fällen können. Stattdessen sollte der Kommissionsvorschlag unbedingt noch diese Woche durchgepeitscht werden", so Petra KAMMEREVERT weiter. Ein entsprechender Verschiebunsgantrag, den den Grünen eingebracht hatten und der unsere Zustimmung fand, wurde von der Mehrheit des Parlaments abgelehnt. "Eine solche übers Knie gebrochene Entscheidung will ich nicht mittragen, wenn es um die Flugsicherheit hunderttausender Passagiere geht."
Hintergrund
Bei den Regelungen der Flugdienstzeiten geht es um eine EU-weite Harmonisierung der Flugsicherheitsstandards. Inhalt des Vorschlags sind beispielsweise Höchstgrenzen für Nachtflugzeiten von Piloten und Kabinenpersonal und kombinierte Ruhe- und Dienstzeit, als auch eine Deckelung der zulässigen Gesamtflugstunden pro Jahr.