Aktuell steht die Auseinandersetzung um den nächsten Präsidenten der EU-Kommission zwischen den Vorsitzenden der (alten) Parlamentsfraktionen und dem Ministerrat, der aus den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten besteht, im Mittelpunkt der Diskussionen.
Für uns als "einfache" Abgeordnete stehen jedoch erstmal die normalen Schritte nach einer Neuwahl auf der Tagesordnung. Am Montag trafen sich die gewählten Abgeordneten der SPD zum ersten Mal in Berlin. Hierbei ging es vor allem darum, dass sich die wieder- sowie neugewählten SPD-Abgeordneten persönlich näher kennenlernen. Außerdem haben wir Udo Bullman in seinem Amt als Vorsitzenden der SPD -Gruppe in diesem Amt bestätigt und drei weitere Mitglieder in den Vorstand gewählt.
Das EU-Parlament ist wie der Bundestag ein ‚Arbeitsparlament‘. Die wichtigsten Tätigkeiten sind nicht das Zuhören und Abstimmen sowie das gelegentliche Halten einer meist nur einminütigen Rede im Plenum, wo alle 751Abgeordneten zusammenkommen, sondern die Arbeit in den Fachausschüssen. Jeder Angeordnete ist Mitglied in einem Ausschuß, sowie Stellvertreter in einem Weiteren.
Mit unseren 27 SPD-MdEP sind wir in der Lage in jedem der etwa 20 Ausschüsse vertreten zu sein. Ich hoffe, dass ich wieder in einen Ausschuß komme, in dem ich meine bisherigen Scherpunktthemen in der Medien- und Netzpolitik weiter bearbeiten kann. Wichtige Fragen stehen hier an, zum Beispiel eine Neugestaltung des Urheberrechts, das der digitalen Entwicklung Rechnung trägt und einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer und Urheber schafft. Auch die vom Parlament noch vor derWahl beschlossene gesetzliche Absicherung eines eines freien und offenen Internets muss in den Verhandlungen mit dem Rat gerettet werden. Bisher war ich im Ausschuß für Kultur,Bildung, Medien, Jugend und Sport. Dort war auch die Koordinatorin, d.h. Sprecherin der europäischen Sozialdemokraten für die genannten Bereiche. Diese Arbeit würde ich gern fortsetzen.
Nächste Woche geht es nach Brüssel, wo wir uns dann in der SPD- Gruppe abstimmen werden, wer welche Themen bearbeiten möchte. Letztendlich entscheidend sind aber nicht die Diskussionen in der deutschen SPD -Gruppe, sondern die in der Gesamtfraktion mit ihren 191 Mitgliedern aus 27 Ländern. Leider haben wir aus Irland (derzeit) keinen Abgeordneten. In der ÜbernächstenWoche konstituiert sich dann in Brüssel die sozialdemokratische Fraktion und wählt einen neuen Fraktionsvorstand.
Anfang Juli ist dann in Straßburg die erste Parlamentssitzung, da die Parlamentsperiode erst ab dem ersten Juli beginnt. Dann wird das Parlamentspräsidium gewählt und die Ausschußbestzung endgültig festgelegt.
Vor der Sommerpause findet in der dritten Juliwoche eine weitere Plenumssitung und man darf gespannt sein, ob dann schon der neue Kommissionspräsident gewählt werden kann.
Auf den ersten Blick kann ich verstehen, wenn jemandem zuerst der Gedanke an Postengeschacher kommt. Aber nach jeder Wahl muss nun einmal als erstes die Organisationsstruktur mit Personen versehen werden. Alle Besetzungen sind mit Ablauf der alten Periode frei. Daher steht am Anfang zwangsläufig die Postenbesetzungen im Mittelpunkt. Erst danach kann dann die fachliche Arbeit beginnen. Außerdem sind mit Personen immer auch Positionen, Haltungen und politische Richtungen verbunden. Somit ist jede Postenentscheidung, ggfalls durch ‚Kampf’kandidatur, auch eine Entscheidung über Inhalte.
Soweit fürs erste ein kleiner Überblick, was ich und alle neu gewählten Abgeordneten des EP in den nächsten Wochen so treiben.