
Mit dem Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz hat die deutsche Bundesregierung diesen Monat einen ersten notwendigen Schritt zur Erhaltung der Integrität des Sports präsentiert. Dopende Sportler schädigen nicht nur den Ruf des Sports, sie untergraben auch die grundlegenden Werte, die der Sport vermitteln sollte: Fairness und Respekt vor Gegner und Mitspieler. Doping ist insbesondere dann, wenn sportlicher Erfolg auch enorme finanzielle Vorteile mit sich bringt, nichts anderes als Betrug. Von daher ist es höchste Zeit, dass Doping endlich strafrechtlich geahndet werden kann.
Nun darf man Bundesinnenminister Thomas de Maizière für diesen Vorstoß zwar loben, doch mit einem Anti-Doping-Gesetz ist es an dieser Stelle noch nicht getan. Die großen Korruptions- und Wettskandale der letzten Jahre, wie rund 700 unter Manipulationsverdacht stehende Spiele, die im Rahmen der Ermittlungen "Veto" aufgedeckt wurden, gefährden die Integrität des Sports weiterhin. Beim Sport geht es heutzutage nicht mehr nur um Sieg oder Niederlage, sondern auch um viel Geld. Mit dem Wissen, dass Sport ein Milliarden-Geschäft ist, müssen wir der Tatsache ins Auge sehen, dass dort auch kriminelle Machenschaften Einzug gehalten haben.
Die Spielmanipulation ist ein wachsendes Problem, dass von professionell organisierten, kriminellen Strukturen getragen wird. Mit Mitteln des Sportrechts kann vielleicht gegen Sportler vorgegangen werden, die sich der Spielmanipulation schuldig gemacht haben. Doch weltweit operierende Wettbetrüger können auf diese Weise nicht effektiv bekämpft werden. Aus diesem Grund hat das Europäische Parlament 2013 eine Resolution verabschiedet, in der die Mitgliedsstaaten der EU dazu aufgefordert werden, Spielmanipulation ausdrücklich in ihr nationales Strafrecht aufzunehmen und angemessene Sanktionen vorzusehen. Zudem wurde jedes Mitgliedsland aufgefordert, Regulierungsbehörden einzurichten, die der Ermittlung und Bekämpfung illegaler Aktivitäten und von Korruption im Sport dienen sollen.
Die Verantwortung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die politische Ebene. Die Integrität des Sports zu bewahren sollte auch im Sinne der legalen Wettanbieter sein, deren Geschäftsmodell erheblichen Schaden nehmen könnte, sollten ihre Kunden das Vertrauen in die Fairness des sportlichen Wettbewerbs verlieren. Organisationen der Selbstkontrolle wie die European Sports Security Association (ESSA), die detaillierte Informationen über verdächtige Wettaktivitäten anbieterübergreifend sammeln und an die entsprechenden Sport- und Aufsichtsbehörden weiterleiten, sind daher begrüßenswert.
Verantwortlichkeit für diese Problematik muss jedoch zu guter Letzt auch auf individueller Ebene geschaffen werden. Sportverbände müssen für ihre Mitarbeiter und Offiziellen (Sportler, Trainer, Schiedsrichter) einen Verhaltenskodex entwickeln, in dem die Gefahren von Ergebnisabsprachen beschrieben und deutliche Verbote und Sanktionen festgelegt werden. Es gilt nicht nur die einzelnen Akteure von der moralischen Richtigkeit der Gebote der Fairness und des Respekts zu überzeugen, sondern auch glaubwürdige Strafmaßnahmen anzudrohen und auch durchzusetzen. Auf diesem Wege kann es gelingen, dem organisierten Wettbetrug die Einflussmöglichkeiten auf den Ausgang des sportlichen Wettbewerbs zu entziehen.
Um diesbezüglich europaweit erfolgreich sein zu können, bedarf es auch der Koordinierung und Unterstützung durch die neue EU-Kommission. Sie ist nun gefordert, ihrer neuen Verantwortung aus dem Lissabon-Vertrag im Sport nachzukommen. Sie muss dafür Sorge tragen, dass europaweit Einigkeit darin besteht, nicht nur gegen Doping, sondern auch gegen Spielmanipulation und Wettbetrug strafrechtlich vorzugehen. Nur so kann der Einfluss der organisierten Kriminalität im Bereich des Sports eingedämmt werden.
Wir haben in den letzten Jahren verfolgen können, wie sehr manipulative Eingriffe in den sportlichen Wettbewerb dem Ansehen einzelner Sportarten geschadet haben. Auf dem Spiel stehen nicht nur die Integrität und die Grundwerte des Sports, sondern auch die Begeisterungsfähigkeit der Menschen dafür, sportliche Wettbewerbe weiterhin zu verfolgen.
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