
Resolution; Debatte und Abstimmung Mittwoch, 10. 6. 2015
Hintergrund: Die Verhandlungen über das Handelsabkommen zwischen USA und EU laufen seit Sommer 2013. Der Handelsausschuss des Europaparlaments hat am 28. Mai 2015 einen Resolutionstext dazu verabschiedet. Vorausgegangen waren intensive Monate, in denen 13 beteiligte Ausschüsse des Europaparlaments Stellungnahmen zur Resolution beitrugen und alleine im INTA 898 Änderungsanträge eingereicht wurden. Auf dieser Grundlage erarbeitete der Handelsausschussvorsitzende Bernd Lange eine umfassende Liste von Kompromissänderungsanträgen zu seinem Resolutionsentwurf.
Die nun im Ausschuss verabschiedete Resolution ist ein zuverlässiger Indikator für den Standpunkt und die Empfehlungen des Europäischen Parlaments zu den laufenden TTIP-Verhandlungen. Darüber hinaus legen die Parlamentarier darin auch ihre Forderungen an ein mögliches Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten fest.
SPD-Position: In der Abstimmung im Ausschuss haben sich die Sozialdemokraten bereits in vielen Punkten mit ihrer Linie durchsetzen können. Unter anderem haben sie starke und verbindliche Arbeitnehmerrechte durchgesetzt, den Schutz kultureller Vielfalt, eine unmissverständliche Ausnahme von öffentlichen Dienstleistungen aus der Verhandlungsmasse und die Forderung nach einem neuen System zum Schutz von Investitionen. Weiterhin soll die Transparenz in den Verhandlungen erhöht werden, in dem der Zugang zu Verhandlungsdokumenten erleichtert wird. Kompromissen bei Lebensmittel-, Umwelt- oder sonstigen Standards in der EU darf es nicht geben. Diese Errungenschaften gilt es nun im Plenum zu verteidigen.
EP-Position: Konservative Kräfte befürworten vor allem im Bereich der Arbeitnehmerrechte weniger starke Formulierungen. Auch würden sie gerne eine Unterstützung für die umstrittenen Schiedsgerichte in der Resolution verankern. Dagegen haben sich die Sozialdemokratischen Abgeordneten bereits im Ausschuss gewehrt, und werden dies auch im Plenum tun.
Linke und Grüne stimmten mit ihrer Ablehnung auch gegen die von den Sozialdemokraten errungenen Erfolge und damit gegen Forderungen nach mehr Transparenz, der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und dem Schutz öffentlicher Dienstleistungen.
Ausblick: Die Resolution wird den offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments zu den derzeit laufenden Verhandlungen darlegen. Zwar ist sie ein rechtlich unverbindliches Dokument, doch wie jedes andere EU-Handelsabkommen kann auch ein künftiges TTIP-Abkommen nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments in Kraft treten. Daher ist die Resolution ein wichtiges Signal an die Verhandlungsführer auf beiden Seiten des Atlantiks.
Die nächste Verhandlungsrunde ist für Juli 2015 geplant und wird in Brüssel stattfinden.
Initiativbericht; Debatte Mittwoch, 10.6.2015, ab 15 Uhr, Donnerstag, 11.6.2015, ab 12 Uhr
Hintergrund: Seit Anfang 2014 liegt ein Großteil der politischen und diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und Russland auf Eis: keine Gipfeltreffen mehr, statt G8 nur noch G7, keine Gespräche über neue Abkommen, stattdessen Sanktionen gegenüber Einzelpersonen und in bestimmten Wirtschaftssektoren bis mindestens September 2015. Nun hat auch Russland eine Liste mit 89 europäischen Politikern und Behördenvertretern vorgelegt, die nicht mehr einreisen dürfen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini soll dem Europäischen Rat am Donnerstag, 25. Juni einen Aktionsplan gegen die russische Propaganda vorlegen. Eine darüber hinausgehende Strategie für die EU-Russland-Beziehungen gibt es derzeit noch nicht.
EP-Position: In einem Initiativbericht äußert sich der Auswärtige Ausschuss des Europaparlaments zum Stand der Beziehungen. Der Bericht verurteilt die Annexion der Krim, kündigt die strategische Partnerschaft mit Russland auf und stellt Bedingungen für die Wiederaufnahme der Kooperation. Gleichzeitig stellt er fest, dass die gegenseitigen Sanktionen beiden Seiten schaden und es langfristig im beiderseitigen Interesse ist, konstruktive Beziehungen zu führen. Der konservative Berichterstatter aus Litauen, Gabrielius Landsbergis, legt trotzdem den Schwerpunkt des Berichts auf die Verurteilung aktueller russischer Politik. Kontrovers diskutierten die Fraktionen daher, unter welchen Bedingungen Dialog und Kooperation mit Russland derzeit oder in Zukunft möglich sind.
SPD-Position: Die Nachbarschaft der EU mit Russland ist ein Fakt, ebenso wie die daraus resultierende geteilte Verantwortung für die Sicherheit in Europa. Die Sozialdemokraten setzen sich dafür ein, nicht Dialog mit Russland sondern Kooperation davon abhängig zu machen, ob Russland unter anderem seine Verpflichtungen aus dem Minsk-II-Abkommen erfüllt. Gerade mit Blick auf die derzeitige russische Propagandamaschinerie ist es unerlässlich klarzumachen, dass sich die Sanktionen der EU gegen die derzeitige russische Regierungspolitik richten und nicht gegen die russische Bevölkerung. Deshalb müssen in einer neuen EU-Russland-Strategie auch Optionen für eine erneuerte zukünftige Zusammenarbeit aufgezeigt werden.
Ausblick: Die Weiterentwicklung der Beziehungen zu Russland hängt davon ab, ob Russland seinen Beitrag zur Umsetzung des Minsk-II-Abkommens erfüllt und somit die politische und militärische Destabilisierung der Ukraine beendet. Mit Blick auf die seit der Krimannexion in die Höhe geschnellten Popularitätswerte der russischen Führung und die destruktive Informationspolitik ist mit einer schnellen Verbesserung der Situation nicht zu rechnen. Statt die Lage zu beklagen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten dringend eine Strategie vereinbaren, wie die russische Logik der Eskalation unterlaufen werden kann und die osteuropäischen Nachbarn in ihren Reformen unterstützt werden können.
Entschließung; Abstimmung Mittwoch, 10.6.2015, Debatte bereits am 19.5.
Hintergrund: Die ungarische Regierung hat am 24. April eine nationale Volksbefragung zum Thema Zuwanderung angekündigt und zeitgleich einen Fragebogen mit zwölf Punkten vorgestellt. Die Fragen sind hoch suggestiv und legen nicht nur eine Einordnung von Armutsmigration als Massenphänomen nahe, sondern vermischen auch Zuwanderung mit Terrorismus. Zudem wird in dem Fragebogen die Europäische Union, die die Grundrechte von Zuwanderern verteidigt, als Störerin der nationalen Souveränitätsrechte dargestellt. Vier Tage später erklärte der ungarische Premier Victor Orbán, dass die Frage der Wiedereinführung der Todessprache auf politischer Ebene debattiert werden müsse.
Sowohl Europaparlament als auch EU-Kommission kritisierten die Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten scharf. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ging so weit, einen Ausschluss Ungarns aus der EU nicht auszuschließen, falls die Regierung eine Wiedereinführung der Todesstrafe tatsächlich in Erwägung ziehe.
SPD-Position: Allein die Debatte zur Wiedereinführung der Todesstrafe in einem Mitgliedstaat der EU ist für die europäischen Sozialdemokraten absolut inakzeptabel. Damit werden die Errungenschaften der EU im Bereich der Grundrechte mit Füßen getreten. Auch wenn Orbán scheinbar nie ernsthaft in Erwägung gezogen hat, die Todesstrafe tatsächlich wieder einzuführen, ist allein die Debatte ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, um innenpolitisch am rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen. Auch der Inhalt des Fragebogens zur Migrationspolitik, den die ungarische Regierung an alle Bürger über 18 Jahre schicken will, ist nicht mit europäischen Gesetzen und Werten vereinbar. Die Vermischung von Migration und Terrorismus ist nicht nur schockierend, weil sie Zuwanderung als Sicherheitsgefahr suggeriert, sondern auch objektiv falsch und populistisch.
Ausblick: Die parlamentarische Debatte zu den Vorgängen in Ungarn fand bereits am 19. Mai in Straßburg in Anwesenheit des ungarischen Premiers statt.
In ihrem Entschließungsentwurf fordern die Sozialdemokraten die EU-Kommission auf, endlich einen Vorschlag für einen effektiven Mechanismus zur Überwachung der Lage der Grundrechte, Rechtstaatlichkeit und Demokratie in den EU-Mitgliedstaaten vorzulegen, damit die Mitgliedstaaten ihre unionsrechtlichen Verpflichtungen auch nach dem EU-Beitritt respektieren. Zudem soll die Kommission bis September einen Bericht zur Lage der Grundrechte in Ungarn vorlegen.
Initiativbericht; Debatte Montag, 8. 6. 2015, ab 17 Uhr; Abstimmung Dienstag, 9. 6. 2015, ab 11.30 Uhr
Hintergrund: Die fünfjährige Strategie der EU-Kommission zur Gleichstellung zwischen Frauen und Männern endet am 31. Dezember 2015.
Der Bericht, über den das Parlament in Straßburg abstimmen wird, soll die Notwendigkeit einer Nachfolgestrategie verdeutlichen und Prioritäten im Kampf gegen die Diskriminierung definieren. Ziel ist die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter.
Dabei fordert der Bericht zu allererst die endgültige Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, da dies eine Voraussetzung für die tatsächliche Teilhabe der Frauen an der Gesellschaft darstellt. Eine weitere Forderung ist der Ausbau dieser gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsmarkt und in Führungspositionen, sowie die Bekämpfung der unterschiedlichen Entlohnung bei gleicher Arbeit durch größere Transparenz der Gehaltsstrukturen. Mit diesem Ziel sollen zudem die Anerkennung von Betreuungs- und Pflegeleistungen und der weitere Ausbau von Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen gefördert werden.
EP-Position: Konservative Europaparlamentarier haben den Text bereits im Frauenrechtsausschuss abgelehnt und drohen mit dem gleichen Abstimmungsverhalten während der Plenarabstimmung.
SPD-Position: Die Europäische Union muss, ihren Grundwerten gemäß, bei der Gleichstellung der Geschlechter voran gehen. Die SozialdemokratInnen fordern die EU-Kommission daher auf, eine neue Strategie zu verabschieden, die die strukturelle Diskriminierung der Frauen in allen Lebensbereichen nachhaltig beseitigt. Die Europa-SPD unterstützt den Bericht daher in seinen Forderungen und Empfehlungen.
Verfahrensstand: Da es derzeit unsicher ist, ob die EU-Kommission überhaupt eine neue Gleichstellungsstrategie für die Zeit nach 2015 verabschieden wird, sollte das Europäische Parlament ein deutliches Zeichen setzen und den Bericht mit einer starken Mehrheit verabschieden.
Initiativbericht; Debatte Dienstag, 9.6.2015, ab 15 Uhr;
Abstimmung Mittwoch, 10.6.2015, ab 12 Uhr
Hintergrund: Nicht erst seit der Ukraine-Krise wird die Sicherheit der Energieversorgung in der Europäischen Union infrage gestellt. Insbesondere die starke Importabhängigkeit der EU-Mitgliedstaaten gegenüber Russland und die fehlenden Investitionen in die Energieinfrastruktur lassen Zweifel über die Sicherheit der Energieversorgung aufkommen. Welche innenpolitischen und außenpolitischen Maßnahmen die Sicherheit der Energieversorgung in der EU stärken können, zeigt der Bericht, über den das Plenum des Europaparlaments am Mittwoch abstimmen wird.
SPD-Position: Die SPD-Europaabgeordneten machen sich für eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung in Europa stark. Die Sozialdemokraten finden es problematisch, dass sowohl im Parlamentsbericht als auch in der Kommissionsmitteilung der Ausbau sogenannter heimischer Energiequellen angepriesen wird, ohne dass diese näher definiert werden. Denn neben erneuerbaren Energiequellen zählen viele Konservative auch das hydraulische Fracking und die Kernenergie zu den heimischen Energiequellen der EU, obwohl zum Beispiel 95 Prozent des im Nuklearbereich eingesetzten Urans aus dem EU-Ausland importiert werden. Anders als für die Konservativen muss nach Ansicht der Sozialdemokraten nicht jede Energiequelle, die zur Energieversorgungssicherheit beitragen kann, in gleichem Umfang eingesetzt und ausgebaut werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und die Stärkung der Energieeffizienz müssen eindeutig Priorität haben. Der Begriff "heimische Energiequellen" bedarf also einer klaren Definition seitens der EU-Kommission. Die Sozialdemokraten haben sich im Bericht zudem erneut für verbindliche 2030-Ziele ausgesprochen und einen entsprechenden Kompromiss ohne die Unterstützung der Konservativen durchsetzen können.
Ausblick: Die Annahme der Strategie im Plenum gilt aufgrund der Kompromisse zwischen den politischen Fraktionen als sicher. Im Rahmen des Fahrplans für die Energie-Union wird die EU-Kommission in den kommenden Jahren mehrere legislative Vorschläge vorlegen.