Aktuelle Plenarwoche in Straßburg

© Europäisches Parlament Bild: Europäisches Parlament
  • Flüchtlingspolitik – Herausforderungen europäisch meistern
    Strategische Debatte mit Entschließung Mittwochvormittag, 9.9.2015, 9 Uhr, Abstimmung Donnerstag, 10.9.2015, ab 12 Uhr
    Hintergrund:
    In den letzten Monaten verging kein Tag ohne neue Negativschlagzeilen zur Lage der Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union. Die Bilder von überfüllten griechischen Inseln gingen um die Welt, von Zusammenstößen zwischen Schutzsuchenden und Militär an der griechisch-mazedonischen Grenze, von Menschen auf der hunderte von Kilometer langen Flucht, Bilder von Serbiens Grenzzaun. Während Deutschland mehr europäische Solidarität anmahnt, blockieren viele Mitgliedstaaten noch immer die gerechte Verteilung. Es steht kaum zu erwarten, dass der für den 14. September geplante außerordentliche Rat Justiz und Inneres Abhilfe schaffen wird. Neben der Annahme der Parlamentsposition zur Verteilung von 40 000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland ist auch eine allgemeinere Aussprache zu den aktuellen Herausforderungen der EU-Asylpolitik geplant, voraussichtlich mit einer kurzen Entschließung.
    EP-Position: Bereits im Mai hat die Europäische Kommission mit der Europäischen Migrationsagenda eine ehrgeizige Vorlage gemacht. Viele Forderungen des Europäischen Parlamentes, wie eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen in der EU oder eine Stärkung der europäischen Seenotrettung, wurden darin aufgegriffen. Die EU-Mitgliedstaaten sind jedoch schon beim ersten konkreten Kommissionsvorschlag gescheitert, bei der es um die gerechte Verteilung von zunächst 40 000 Flüchtlingen aus den überlasteten Mitgliedstaaten Italien und Griechenland ging. UK und Dänemark beteiligten sich gar nicht, Österreich und Ungarn nahmen auch niemanden auf. Letztlich kam nur eine freiwillige Aufnahme dabei heraus, bei der die Zahl 40 000 nicht erreicht wurde.
    SPD-Position: Es ist ein Trauerspiel, dass die Mitgliedstaaten sich trotz der aktuellen Notsituation, in der tausende syrische Familien mit ihren Kindern in Europa auf der Straße schlafen müssen, nicht auf eine gemeinsame Politik einigen können. Die Sozialdemokraten fordern: 1.) Eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen in der EU. Über den Sommer hat sich gezeigt, dass Dublin tot ist. Wir brauchen nicht nur eine temporäre Verteilung von Flüchtlingen, sondern einen komplett neuen Mechanismus für die solidarische Verteilung von Flüchtlingen auf alle Mitgliedstaaten; 2.) Die europäische Flüchtlingspolitik muss gestärkt werden. Überall in der EU müssen die gleichen Standards bei der Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen gelten; 3.) Legale Schutzwege schaffen. Es kann nicht sein, dass Schutzbedürftige auf profitgierige Schlepper angewiesen sind, um in die EU zu kommen. Deshalb brauchen wir humanitäre Korridore – Instrumente dafür gibt es bereits; 4.) Ohne Integration und die Schaffung von Aufnahme-Kapazitäten in den Ländern, die bis jetzt überfordert sind, geht es nicht. Dafür brauchen wir mehr finanzielle Solidarität der stärksten mit den schwächsten Mitgliedstaaten.
    Ausblick: Der Innenausschuss des Europäischen Parlamentes arbeitet zurzeit an einem strategischen Initiativbericht zur Zukunft der europäischen Asylpolitik, der eine starke Position des Parlamentes mit konkreten Handlungsvorschlägen umfassen wird. Der Berichtsentwurf wird in den kommenden Wochen erwartet. Zudem plant die Europäische Kommission noch für Herbst dieses Jahres einen Vorschlag für einen permanenten Verteilungsmechanismus.
  • Europaparlament Für klonfreie Lebensmittel in Europa
    Verordnung; Debatte und Abstimmung Dienstag, 8.9.2015 ab 9 Uhr.
    Hintergrund:
    Bereits 2007 legte die Europäische Kommission Vorschläge zu neuartigen Lebensmitteln vor, die auch das Klonen von Tieren beinhalteten. Da insbesondere zu der Frage der Kennzeichnung von Lebensmitteln von geklonten Tieren und deren Nachkommen keine Einigung zwischen Parlament und Rat erzielt werden konnte, scheiterten die Vorschläge im Vermittlungsverfahren. Im Dezember 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission zwei Richtlinienvorschläge über das Klonen von Nutztieren und das Inverkehrbringen von Lebensmitteln aus Klontieren. Diese sehen ein vorläufiges Verbot des Klonens zur Lebensmittelerzeugung sowie die Vermarktung lebender Klone und Klonembryos vor. Auch die Einfuhr von Lebensmitteln aus Klontieren soll untersagt werden.
    EP-Position: Der von den Ausschüssen für Lebensmittelsicherheit und Landwirtschaft gemeinsam angenommene Bericht fasst die beiden Richtlinien zu einer einzigen Verordnung zusammen. Darüber hinaus sieht der Bericht ein unbefristetes Verbot des Klonens in der EU vor. Die Abgeordneten wollen auch die Einfuhr von Zuchtmaterial wie Eizellen oder Samen in die Staatengemeinschaft untersagen – sowie von Nachkommen der Klontiere. Ebenfalls unter das Verbot fallen sollen Lebensmittel, die aus Nachkommen von Klonen hergestellt werden. Zudem wollen die Parlamentarier ein System zur Rückverfolgung einrichten, um sicherzustellen, dass in die EU eingeführte Lebensmittel klonfrei sind.
    SPD-Position: Die große Mehrheit der Verbraucher in der Europäischen Union will kein Fleisch von geklonten Tieren auf ihren Tellern. Auch europäische Bauernverbände sehen keine Notwendigkeit zum Klonen. Darüber hinaus ist mit dem Klonen unnötiges Leiden der Tiere verbunden. Die Sozialdemokraten unterstützen daher den Bericht und die über die Kommissionsvorschläge hinausgehenden Änderungen. Ausnahmen vom Klonverbot sollen nur gelten für Forschung, medizinische Produkte und bedrohte sowie seltene Arten, wenn sichergestellt werden kann, dass deren Produkte nicht in die Lebensmittelkette gelangen.
    Ausblick: Der Gesetzesvorschlag soll das normale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Der Ministerrat wird im Oktober die Arbeit an den Vorschlägen beginnen. Es ist mit einem langwierigen Verfahren zu rechnen.
  • Konsequenzen aus Right2Water – erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative
    Initiativbericht; Debatte: Montag, 7.9.2015 ab 17 Uhr. Abstimmung: Mittwoch, 9. 9. ab 17 Uhr.
    Hintergrund:
    Mit der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative im April 2012 hat die Europäische Union ein Instrument installiert, mit dem europäische BürgerInnen aktiv am politischen Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene teilnehmen können. Die Initiative "Right2Water" ist daraufhin die erste erfolgreiche Bürgerinitiative, welche über 1,6 Millionen verifizierte Unterschriften aus allen 28 Mitgliedstaten erhalten hat, davon 1,3 Millionen aus Deutschland. Möglich wurde dies vor allem durch die Initiative der Europa-SPD, die sich im konstitutionellen Ausschuss erfolgreich dafür eingesetzt hat, dass europäische Bürgerinnen und Bürgern auch online an Initiativen teilnehmen können. Inhaltlich ist diese Bürgerinitiative eine klare und eindrucksvolle Forderung der Menschen in Europa nach einer gesicherten, qualitativ hochwertigen und bezahlbaren Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Die EU-Kommission hat im März 2014 eine offizielle Antwort auf die Initiative veröffentlicht, die allerdings für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments nicht zufriedenstellend ausfiel. Das Parlament hat deshalb einen Initiativbericht zu den Folgemaßnahmen der Bürgerinitiative "Right2Water" angefertigt, der in der Straßburg-Woche im September zur Abstimmung steht.
    EP-Position: Der Bericht aus dem Umweltausschuss des Europaparlaments fordert eine klare politische Verpflichtung seitens der EU-Kommission und des für Nachhaltigkeit zuständigen Vizepräsidenten, die in der Europäischen Bürgerinitiative vorgebrachten Anliegen angemessen zu berücksichtigen. Wasser ist ein lebensnotwendiges Gut. Mehr noch: Es ist Menschenrecht und kein Spekulationsobjekt. Das Europäische Parlament fordert im Initiativbericht zu den Folgemaßnahmen der Bürgerinitiative "Right2Water" die Kommission daher auf, folgende drei Hauptforderungen zu erfüllen. 1.) Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle BürgerInnen das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung haben. 2.) Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen dürfen nicht den Regeln des Binnenmarktes unterworfen werden. Wasser ist ein öffentliches Gut und darf nicht als Handelsware behandelt werden. 3.) Die EU soll ihre Initiativen für einen universellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung verstärken.
    SPD-Position: Die deutschen Sozialdemokraten haben sich stets dafür eingesetzt, dass Wasser- und Abwasserdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der Konzessionsrichtlinie explizit herausgenommen werden. Genauso gehören diese Dienstleistungen nicht in den Anwendungsbereich von internationalen Freihandelsabkommen. Wir sind überzeugt: Wasserversorgung ist besser in öffentlicher kommunaler Hand aufgehoben
    Ausblick: Mit einem mit Mehrheit abgestimmten Initiativbericht setzt das Europäische Parlament die EU-Kommission unter Druck, entsprechend der beschriebenen Aufforderung der direkt gewählten Abgeordneten zu handeln. Dann wäre abermals die Kommission am Zug.