Aktuelle Plenarwoche in Straßburg

© Europäische Union Bild: European Union
  • Meilenstein für den Datenschutz in Europa
    Verordnung und Richtlinie; Debatte am Mittwoch 13.04.2016 Abstimmung Donnerstag, 14.04.2016 ab 12 Uhr
    Hintergrund:
    Online Rechnungen bezahlen, Geburtstagswünsche über soziale Netzwerke verschicken oder Nachrichten in Echtzeit lesen und verschicken – das Internet hat den Alltag vieler Menschen revolutioniert. Den positiven Effekten dieser Entwicklung stehen jedoch enorme Risiken gegenüber: Informationen über Konsumverhalten, Aufenthaltsorte, persönliche Beziehungen – jeder Internet-Nutzer hinterlässt eine riesige Datenspur, die anfällig für Missbrauch ist. Besonders gefährlich: Das geltende EU-Datenschutzrecht stammt aus dem Jahr 1995 – als das Internet noch jung war und Smartphones von einem anderen Planeten schienen. Ähnlich ist die Situation im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit: Hier verhindert ein Wirrwarr an nationalen Einzelregelungen einen effektiven EU-weiten Schutz von Opfern und Zeugen, aber auch Verdächtigen und Tätern im Strafverfahren. Im Januar 2012 hatte die EU-Kommission deshalb einen Vorschlag zur Reform der EU-Datenschutzregeln vorgelegt. Das Reformpaket ist in eine allgemeine Verordnung und eine Richtlinie unterteilt, die Datenschutzrechte im Bereich Polizei und Justiz regelt. Es soll die EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 sowie den Rahmenbeschluss von 2008 für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit durch EU-weit gültige Datenschutzregeln ersetzen. Die erste Lesung im EU-Parlament fand in der vorherigen Legislaturperiode am 12.03.2014 statt. Nach zähen Verhandlungen mit Rat und EU-Kommission sollen die finalen Kompromisstexte am Donnerstag im Plenum des EU-Parlaments endgültig bestätigt werden.
    EP-Position: Das Europäische Parlament hat die Reform des europäischen Datenschutzes begrüßt. Insbesondere von konservativer Seite gab es jedoch viele Torpedierungsversuche, multinationalen Konzernen mehr Rechte einzuräumen als Bürgern. Auch gegen die Richtlinie zur Stärkung des Grundrechts auf Datenschutz in der Strafverfolgung gab es lange großen Widerstand der konservativen Fraktion, zu der auch die deutsche CDU/CSU-Gruppe gehört.
    SPD-Position: Nach mehr als vier Jahren zähen Ringens können die EU-Bürger endlich auf mehr Rechte im Bereich Datenschutz hoffen. Die SPD-Europaabgeordneten haben sich stets dafür eingesetzt, dass Verordnung und Richtlinie gemeinsam als Paket abgestimmt werden. Denn Europa braucht endlich ein einheitliches und umfassendes Datenschutzrecht, dass das Grundrecht auf Privatsphäre auch im 21. Jahrhundert schützt – sowohl im kommerziellen Sektor als auch in der Strafverfolgung. Insbesondere angesichts des stetigen Ausbaus repressiver Maßnahmen im Bereich der inneren Sicherheit gewinnt der Schutz persönlicher Daten in der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit immer stärker an Bedeutung.
    Ausblick: Die Datenschutz-Verordnung wird in zwei Jahren in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben ebenfalls zwei Jahre Zeit, die Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Polizei und Justiz in nationales Recht umzusetzen.

  • Steuertransparenz – Berichterstattungspflicht für Großunternehmen
    Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der Bilanzrichtlinie; Dienstag, 12.04.2016, Debatte im EP ab 18 Uhr
    Hintergrund:
    Die Panama Papers haben wieder einmal bestätigt: Im Kampf gegen Steuervermeidung ist Transparenz von zentraler Bedeutung. Unternehmen sollen zukünftig öffentlich machen, wo sie welche Umsätze generieren und welche Steuern sie darauf zahlen. Auf Druck der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament legt die EU-Kommission deshalb voraussichtlich am nächsten Dienstag als Teil ihres Pakets gegen Steuervermeidung einen Vorschlag für eine öffentliche, länderspezifische Berichterstattungspflicht für Großunternehmen vor (Country-by-Country-Reporting). Dafür soll die bereits bestehende europäische Bilanzrichtlinie entsprechend geändert werden.
    EP-Position: Auf Initiative der Sozialdemokraten hat sich das Europäische Parlament in mehreren Berichten zum Thema "Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen" für ein öffentliches Country-by-Country-Reporting ausgesprochen (wie im TAXE1-Bericht und dem Dodds-Niedermeyer-Bericht). Zudem ist es der sozialdemokratischen Fraktion gelungen, diese Position als Grundlage für die derzeit zwischen dem Europaparlament, der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten im Rat laufenden Verhandlungen über Änderungen der Aktionärsrichtlinie durchzusetzen.
    SPD-Position: Die SPD begrüßt, dass die EU-Kommission endlich eine zentrale sozialdemokratische Forderung im Kampf gegen Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen in die Tat umsetzt. Die Einführung einer öffentlichen Berichterstattungspflicht für Großunternehmen ist ein grundlegender Schritt zu mehr Transparenz. Allerdings gibt es bezüglich der bislang an die Öffentlichkeit gelangten Version des Kommissionvorschlag zwei wichtige Kritikpunkte: Erstens fordern die Sozialdemokraten, dass die Schwelle von 750 Millionen Euro auf 40 Millionen Jahresumsatz – gemäß der Definition von "Großunternehmen" in der Bilanzrichtlinie – gesenkt wird, sodass nicht nur 10 Prozent aller Unternehmen davon betroffen sind. Zweitens ist für die SPD inakzeptabel, dass detaillierte länderspezifischen Informationen über Aktivitäten, Gewinne, Steuern und mehr zwar für Unternehmen, Unternehmensteile und Tochtergesellschaften innerhalb der EU vorgelegt werden sollen, für außerhalb der EU jedoch lediglich in komprimierter Form. Das bedeutet, dass all diese Angaben außerhalb der EU lediglich in einem Posten zusammengefasst werden. Aggressive Steuergestaltung der multinationalen Konzerne ist so im Detail nicht nachvollziehbar. Maßnahmen gegen Steuervermeidung würden ins Leere laufen. Daher fordern wir – wie bereits bei den derzeitigen Verhandlungen über die Aktionärsrichtlinie – eine umfassende öffentliche länderspezifische Berichterstattung innerhalb wie außerhalb der EU.
    Ausblick: Als ersten Schritt zu mehr Transparenz bei der Unternehmensberichterstattung hatten sich die EU-Finanzminister bereits Anfang März auf einen verbindlichen Austausch von Unternehmensberichten zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten geeinigt, der Anfang 2017 starten soll. Dies soll durch ein öffentliches Country-by-Country-Reporting im Zuge der Überarbeitung der Bilanzrichtlinie ergänzt werden. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission wird das Europäische Parlament seine Position zum Country-by-Country-Reporting festlegen. Es handelt sich um ein Gesetz im Mitentscheidungsverfahren, bei dem der Wirtschafts- und Währungsausschuss federführend ist.
  • Flüchtlingspolitik – Zusammenarbeit mit Türkei nicht auf Kosten der Grundrechte
    Schlüsseldebatte am Mittwoch, 13.04.2016, ab 9 Uhr; Debatte über Initiativbericht des Innenausschusses Dienstag, 12.04.2016, ab 8.30 Uhr, Abstimmung ab 12.30 Uhr
    Hintergrund:
    Seit Monaten steht die Flüchtlingsfrage ganz oben auf der politischen Agenda der Europäischen Union. Nachdem bereits im Vorfeld des Europäischen Rates immer mehr Staaten ihre Grenzkontrollen verstärkt hatten und die Balkanroute damit mehr oder weniger zum Erliegen kam, steht die EU nun vor der Herausforderung, wie die über 50.000 in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge verteilt werden sollen.
    Beim Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 17. und 18. März ging es in erster Linie um die Zusammenarbeit von EU und Türkei in der Flüchtlingsfrage. Anstatt eine solidarische europäischen Lösung zu finden, sollen die in Griechenland ankommenden Flüchtlinge als Teil eines Gesamtpakets in die Türkei zurückgeschickt werden. Zusätzlich zu den bereits zugesagten drei Milliarden Euro soll die Türkei vor Ende 2018 im Gegenzug weitere drei Milliarden bekommen. Zudem hat die EU Zugeständnisse im Rahmen der Visaliberalisierung sowie der Eröffnung der Verhandlungen zu weiteren Beitrittskapiteln gemacht.
    EP-Position: Das Europäische Parlament fordert schon lange einen ganzheitlichen Ansatz in der EU-Flüchtlingspolitik. Dazu gehört jedoch nicht nur eine verbesserte Kontrolle und Erfassung der ankommenden Flüchtlinge, sondern auch die konsequente Umsetzung der bereits beschlossenen Umverteilung von 160.000 Asylbewerbern aus Italien und Griechenland. Zudem hat das Europäische Parlament mehrfach die Schaffung legaler Wege nach Europa, insbesondere durch einen verbindlichen Europäischen Neuansiedlungsmechanismus sowie die faire Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas durch einen Verteilungsschlüssel gefordert.
    SPD-Position: Als Haupttransitland ist die Zusammenarbeit mit der Türkei ein Schlüsselelement zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Grundrechte geschehen. Das Abkommen zwischen der EU und der Türkei wurde von internationalen und Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert, insbesondere für die Bestimmungen zur Rückführung aller Migranten in die Türkei. Strittig ist vor allem, ob die Türkei tatsächlich ein sicherer Drittstaat für Schutzbedürftige ist. Die neusten Berichte von Amnesty International stellen das grundsätzlich infrage. Die SPD-Europaabgeordneten haben sich immer für eine humane und solidarische europäische Flüchtlingspolitik eingesetzt. Europa darf seine Verantwortung nicht in einen Drittstaat auslagern. Wir brauchen dringend innereuropäische Lösungen, eine Reform von Dublin sowie eine weitere Harmonisierung der Asylverfahren. Zudem muss sichergestellt sein, dass jeder Asylantrag individuell geprüft und entsprechende Verfahrensrechte eingehalten werden.
    Ausblick: Am Dienstag, 12. April, soll neben der Debatte zum Europäischen Rat vom 17. und 18. März ebenfalls der Initiativbericht des Innenausschusses des Europäischen Parlaments für einen ganzheitlichen Ansatz in der EU-Migrationspolitik abgestimmt werden. Darin wird ein breiterer Ansatz gefordert, als der, den die EU-Mitgliedstaaten bis jetzt vertreten. Außerdem weist er erneut darauf hin, dass die Schaffung legaler Wege sowie eine faire Verteilung der Flüchtlinge in der EU ein Schlüsselelement sein müssen.
  • Bedenkliche Entwicklung in Polen – Europa-Kurs der Zivilgesellschaft unterstützen
    Abstimmung über Resolution am Mittwoch, 13.04.2016, ab 12.30 Uhr
    Hintergrund:
    Die Einschränkungen des polnischen Verfassungsgerichts durch Regierung und Parlament in Warschau sind eine ernsthafte Gefahr für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechte in Polen. Dies hat die Venedig-Kommission des Europarats in einer im März veröffentlichten Stellungnahme festgestellt. Die Europäische Kommission hatte im Januar die erste Stufe des sogenannten Rechtsstaatlichkeitsmechanismus in Kraft gesetzt, um die umstrittenen Gesetzesreformen in den Bereichen Justiz und Medien zu überprüfen. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, war Anfang April in Polen, um Gespräche mit politisch Verantwortlichen zu führen. Das Europäische Parlament wird auf der Plenarsitzung in Straßburg eine Resolution verabschieden.
    EP-Position: Bereits im Januar stand die bedenkliche Entwicklung in Polen auf der Tagesordnung der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg. In Anwesenheit der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydlo haben die Europaabgeordneten ihre Einwände zu den Gesetzesreformen in Polen geäußert.
    SPD-Position: Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind das Fundament unserer gemeinsamen europäischen Wertegemeinschaft. Eine gezielte Beschneidung dieser Werte durch eine Einschränkung der Unabhängigkeit von Justiz und Medien akzeptieren die SPD-Europaabgeordneten nicht. Sie unterstützen daher das Vorgehen der Europäischen Kommission. Es geht darum, die polnische Regierung zurück auf den Europakurs der polnischen Zivilgesellschaft zu bringen, nicht, sie "unter Aufsicht" zu stellen. Die SPD-Europaabgeordneten möchten in der Resolution die Sorge um den Zustand des polnischen Rechtsstaats deutlich zum Ausdruck bringen, um ein starkes Signal an die polnische Regierung und die Zivilgesellschaft im Land zu senden.
    Ausblick: Vizekommissionspräsident Frans Timmermans wird in den kommenden Wochen erneut nach Polen reisen. Nach genauer Prüfung des Gutachtens der Venedig-Kommission und weiteren Gesprächen mit der polnischen Regierung wird mit einem förmlichen Zwischenfazit der EU-Kommission im Rechtsstaatsmechanismus gerechnet.
  • Schutz für Whistleblower und Geschäftsgeheimnisse
    Richtlinie, Debatte am Mittwoch 13.04.2016 ab 15 Uhr, Abstimmung am Donnerstag, 14.04.2016, ab 12.30 Uhr
    Hintergrund:
    Arbeitnehmer, die Geschäftsgeheimnisse verraten und Whistleblower helfen, Korruption und Unrecht aufzudecken. Aus Sicht der Unternehmen verursachen sie Schaden, wenn sie Geschäftsgeheimnisse veröffentlichen. Eine Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen soll europäischen Unternehmen Schutz vor Wirtschaftsspionage auf europäischer und internationaler Ebene bieten. Derzeit gibt es dazu keine einheitlichen europaweiten Bestimmungen. Die Rechtsvorschriften werden in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt. Der Vorschlag, die Vorschriften zu harmonisieren, fand bei Unternehmen – einschließlich der klein- und mittelgroßen – breite Unterstützung.
    EP-Position: Die Richtlinie sichert starke Garantien für die Mobilität von europäischen Arbeitnehmern, die Geschäftsgeheimnisse verraten und Whistleblowern helfen, Korruption und Unrecht aufzudecken. Aus Sicht der Unternehmen verursachen sie Schaden, wenn sie das Recht der Arbeitnehmer auf Information sowie Garantien für die Offenlegung gegenüber Behörden einfordern. Die Richtlinie bietet bis dato nicht existierende Bestimmungen über den Schutz von Whistleblowern, was ein positiver Präzedenzfall werden könnte. Die konservative EVP-Fraktion war Berichterstatterin für die Richtlinie. Im Rechtausschuss stimmten fast alle Fraktionen für die Richtlinie – mit Ausnahme der Grünen und der Partei Europa der Freiheit und der direkten Demokratie. Die liberale ALDE-Fraktion wünschte sich zwar noch mehr Schutz für Unternehmen, aber ihre Hauptpriorität lag beim Schutz von Informanten und der Medienfreiheit.
    SPD-Position: Die Europa-SPD stand dem Gesetzesvorhaben von Anfang an kritisch gegenüber, da der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission gefährliche Punkte enthielt. Die Sozialdemokraten haben es schließlich geschafft, zentrale positive Punkte in die Richtlinie zu verhandeln. Dank den Verhandlungen der Europa-SPD konnten die kritischen Teile des ursprünglichen Kommissions-Vorschlags vermieden werden, sodass Arbeitnehmer in Fragen der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen zukünftig bestmöglich geschützt sind. So konnte auch der Schutz der freien Meinungsäußerung und der Medien eingebracht werden, ebenso wie der weitgehende Schutz von Whistleblowern und Ausnahmen für Arbeitnehmer, die Geschäftsgeheimnisse weitergeben. Ferner ist es gelungen, im ersten Artikel der Richtlinie einen Anwendungs-Ausschluss zu formulieren. Dieser bezieht sich mitunter deutlich auf die Freiheit der Medien und die Meinungsfreiheit. Die europäischen Sozialdemokratinnen und -demokraten stimmen daher für die Richtlinie.
    Ausblick: Die EU-Staaten müssen die Richtlinie binnen 24 Monaten umsetzen.
  • Bürokratie-Abbau und bessere Rechtsetzung in der EU
    Debatte Montag, 11.04.2016 ab 17 Uhr, Abstimmung Dienstag, 12.4.2016, ab 12.30 Uhr
    Hintergrund:
    74 Prozent der Europäer sind der Meinung, die EU verursache zu viel Bürokratie. Die Europäische Kommission hat deshalb eine leistungsfähigere europäische Gesetzgebung sowie weniger Bürokratie durch EU-Gesetze zu ihren politischen Zielen erklärt. Bereits 2012 hat die EU-Kommission das REFIT-Programm eingeführt (Regulatory Fitness and Performance Programme), um die EU-Gesetzgebung effizienter und leistungsfähiger zu machen. Mit Hilfe dieses Programms zielt die Kommission darauf ab, die gesamten EU-Rechtsvorschriften auf unnötige Verwaltungslasten hin zu prüfen. Bestehende Rechtsakte und Gesetzesvorschläge können zurückgezogen und neue Initiativen zur Rechtsvereinfachung auf den Weg gebracht werden. Um der EU-Kommission klare Leitlinien bei der Umsetzung ihrer Politik zur besseren Rechtsetzung vorzugeben, stimmte der Rechtsausschuss des Europaparlaments im Juni 2015 über seine Forderungen dazu ab.
    EP-Position: Die Europaparlamentarier nehmen die vielfach geäußerte Kritik an zu viel "Brüsseler Bürokratie" ernst und unterstützen die EU-Kommission beim Bürokratieabbau. Ein Fitness-Check für EU-Gesetze ist deshalb der richtige Weg. Europäische Gesetzgebung muss so detailliert wie nötig, aber so unbürokratisch und effektiv wie möglich gestaltet werden. Was zählt, ist die Qualität der EU-Gesetze, nicht deren Quantität. Entscheidend ist ein kohärenter Prozess während des gesamten politischen Zyklus einer Gesetzesinitiative, von der Einleitung, Konsultation, Folgenabschätzung, Inkraftsetzung bis hin zur Umsetzung.
    SPD-Position: Die Europa-SPD unterstützt sinnvollen Bürokratieabbau und eine effizientere Gesetzgebung. Die EU sollte, wo möglich, Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen von unnötiger Bürokratie befreien – gerade angesichts der zunehmenden Europaskepsis in vielen EU-Mitgliedstaaten. EU-Gesetzgebung ist aber keine bloße Kosten-Nutzen-Rechnung. Erforderlich ist eine ausgewogene Berücksichtigung der wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Folgen von Gesetzesvorschlägen. Wichtig für die Europa-SPD ist daher, der EU-Kommission ein klares Signal zu senden: Unter dem Deckmantel von Bürokratieabbau darf nichts unternommen werden, dass die sozialen und ökologischen Errungenschaften der EU aushöhlt.
    Ausblick: Ein mit großer Mehrheit abgestimmter REFIT-Initiativbericht erhöht den Druck auf die EU-Kommission für sinnvollen Bürokratie-Abbau. Der Rechtsausschuss des Parlaments wird die Arbeit der Kommission bei der Umsetzung ihrer Agenda für bessere Rechtsetzung weiter kritisch begleiten. Das gilt ganz besonders im Hinblick auf die kürzlich verabschiedete neue Interinstitutionelle Vereinbarung zur besseren Rechtsetzung, in der verschiedenen Fragen zur Zusammenarbeit zwischen den drei EU-Institutionen bezüglich der EU-Gesetzgebung neu geregelt wurden.
  • Erasmus+ muss für Erwachsene und sozial Schwache leicht zugänglich sein
    Resolution; Debatte am Montag, 11.04.2016 ab 17 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 12.04.2016 ab 12 Uhr
    Hintergrund:
    Teilnehmer an ERASMUS-Bildungsprogrammen verbessern ihre Sprachkenntnisse und steigern ihre interkulturelle Kompetenz. Häufig wirkt sich ein Auslandsaufenthalt positiv auf Selbstständigkeit und Selbstvertrauen aus. Absolventen bekommen laut einer Studie der EU-Kommission schneller einen Job und werden seltener arbeitslos. Seit Beginn des Jahres 2014 ist ERASMUS+ in Kraft. Unter dieser Dachmarke wurden alle Bildungs- und Mobilitätsprogramme der Europäischen Union zusammengeführt. Neben dem klassischen ERASMUS-Studierendenaustausch, finden sich hierin Austauschmöglichkeiten für berufliche Aus-und Weiterbildung (LEONARDO), für die Erwachsenenbildung (GRUNDTVIG) sowie Schulaustauschprogramme (COMENIUS) und Jugendaustauschprogramme (Youth in Action).
    EP-Position: Während das Teilprogramm zum Studierendenaustausch sehr erfolgreich läuft, ist das Programm zur Förderung der Mobilität und des Austauschs für Menschen in beruflicher Aus-und Weiterbildung weniger bekannt. Zudem gibt es größere Schwierigkeiten in der Umsetzung, da die Berufsausbildung in der EU sehr unterschiedlich aussieht, während Studiengänge bereits harmonisiert wurden. Die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Ausbildungszeiten im Ausland sind groß. Abhilfe soll ein Referenzrahmen schaffen, der vergleichbare Ausbildungswege eindeutig und verständlich auf einen Blick darstellt. Weiterhin sollen das ERASMUS+-Programm und der Europäische Sozialfonds (ESF) besser ineinandergreifen statt die Förderungen gegenseitig zu blockieren – wie es in einigen Fällen bisher leider der Fall ist. Schließlich fordert das Europäische Parlament, die Markennamen zu erhalten, da sie sich in den Mitgliedstaaten etabliert haben.
    SPD-Position: Den Sozialdemokraten gehen diese Vorschläge nicht weit genug. Darüber hinaus soll sich die EU-Kommission darum bemühen, junge Menschen in Gegenden mit besonders hoher Arbeitslosigkeit gezielt auf die Programme anzusprechen. Außerdem sollte es für Menschen mit geringeren Basiskompetenzen – sei es im Sprachbereich oder bei notwendigen naturwissenschaftlichen Kenntnissen – flankierende Maßnahmen geben. Der Abbau geschlechtsspezifischer Ungleichgewichte in verschiedenen Berufssparten soll verstärkt werden. Auch kleinere und mittlere Ausbildungsbetriebe müssen die Chance bekommen, sich am Austauschprogramm zu beteiligen. Ziel muss es sein, dass die Förderprogramme insgesamt allen jungen Menschen offen stehen. In diesem Zusammenhang fordert die Europa-SPD auch, die Berufsausbildungswege in der EU stärker einander anzunähern und dabei das Modell der dualen Ausbildung mehr miteinzubeziehen, da es nachweislich die Beschäftigungschancen nach erfolgter Ausbildung erhöht und stärker die bedarfsgerechte Ausbildung gewährleistet.
    Ausblick: Das Plenum dürfte die Resolution in der vorliegenden Form voraussichtlich ohne wesentliche Änderungen annehmen. Für das Programm ERASMUS+ und dessen Leitlinien ist eine sogenannte „Midterm-Review“ geplant, mit der sich das Parlament ab Ende des Jahres intensiv befassen wird. Das ermögliche Nachjustierungen nachdem Gesetzgeber, Organisatoren und Teilnehmer weitere Erfahrungen mit ERASMUS+ sammeln konnten.