Aktuelle Plenarwoche in Straßburg

Bild: © Europäisches Parlament

Fair Handeln gegen Trumps Protektionismus – Entscheidung über CETA Handelsabkommen; Debatte am Mittwoch, 15.02.2017, ab 9 Uhr; Abstimmung ab 12 Uhr; Ansprache des kanadischen Premierministers Justin Trudeau, Donnerstag, 16.02.2017, 11 bis 12 Uhr

Hintergrund: Das Handelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada wurde ab dem Jahr 2009 verhandelt und ist mittlerweile im Ratifikationsprozess. Die EU-Kommission sieht in CETA die Chance, das Handelsvolumen zwischen EU und Kanada erheblich zu steigern. Politische Auseinandersetzungen gab es um mehrere strittige Punkte in dem Vertrag (siehe „SPD-Position“). Damit der Vertrag in Kraft treten kann, müssen nun das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union, wie auch die Parlamente der Mitgliedsländer zustimmen, und er muss vom Kanadischen Parlament ratifiziert werden. In Straßburg wird das Europäische Parlament über CETA entscheiden.
EP-Position: Der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments hat im Januar für den Bericht zum EU-Kanada-Abkommen gestimmt – 25 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung. Im Text sprechen sich die Mitglieder des Ausschusses für eine Zustimmung des Parlaments aus.
Mit Ausnahme der Sozialdemokraten hatten sich die Fraktionen im Europaparlament ohne tiefgreifende Analyse auf ein `Ja` oder `Nein` zum Vertrag festgelegt. Während Konservative und Liberale an einer Modernisierung der europäischen Handelsverträge nicht interessiert gewesen sind, haben Grüne und Linke bei jeder Reformanstrengung ihre Mitwirkung verweigert. Obgleich sich Grüne angesichts der Abschottungspolitik des neuen US-Präsidenten plötzlich positiver zu CETA äußern, ist unklar, ob sie tatsächlich konstruktiv an moderner Handelspolitik mitwirken werden.
SPD-Position: Die Sozialdemokraten haben sich als einzige Fraktion mit den Details des Abkommens auseinandergesetzt, auf Reformen gedrängt und diese auch durchgesetzt. Auf sozialdemokratischen Druck hin gibt es mehrere entscheidende Punkte in CETA, die Ausdruck einer fortschrittlichen europäischen Handelspolitik sind. Dahinter gehen die Sozialdemokraten nun nicht mehr zurück. Die Sozialdemokratie hat den Anspruch, die europäische Handelspolitik grundlegend zu reformieren. Sie versteht das Abkommen als Beginn einer allgemeinen Modernisierung und Verbesserung der Europäischen Handelspolitik sowie als Mindeststandard für zukünftige Abkommen. Globalisierung braucht Regeln. Gerade in Zeiten, in denen US-Präsident Donald Trump rücksichtslosen Protektionismus und die Dominanz des Stärkeren ausruft, muss sich Europa für faire globale Vereinbarungen stark machen. Wettbewerb darf nicht auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden. Deshalb ist CETA auch ein Zeichen gegen Trump. Wir wollen mit Kanada fair handeln.
Sozialdemokraten werden sich in künftigen Handelsabkommen dafür einsetzen und haben in CETA durchgesetzt, dass:
•statt privater Schiedsgerichte künftig öffentliche-rechtliche Gerichtshöfe über Investitionsstreitigkeiten entscheiden sollen. Bei der Auswahl der Richter fordern Sozialdemokraten Mitspracherecht für das Europaparlament.
•Arbeitnehmerrechte Teil des Abkommens sind: Kanada hat als Vertragspartner der Europäischen Union mittlerweile sieben der grundlegenden Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert (ILO) und sich verpflichtet, die einzige verbleibende Konvention bis spätestens zur Jahresmitte 2017 zu ratifizieren. Im weiteren Ratifizierungs- und Revisionsprozess fordern Sozialdemokraten, die Durchsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen weiter zu stärken.
•vom Vorsorgeprinzip der Europäischen Union im Rahmen des CETA-Abkommens in keiner Weise abgewichen werden darf.
•sich CETA an den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens und der globalen Nachhaltigkeitsziele orientieren muss. Der Vertrag enthält unter anderem Verpflichtungen in Bezug auf ein nachhaltiges Fischerei- und Aquakulturmanagement, ebenso wie Verpflichtungen zur Zusammenarbeit bei handelsbezogenen Umweltfragen.
•die EU-Mitgliedstaaten zum Schutz der Daseinsvorsorge völlige Freiheit haben zu definieren, welche Dienste als öffentliche Dienstleistung gelten.
•die Rekommunalisierung von Diensten in keiner Weise eingeschränkt wird.
Ausblick: Nach einem Votum für CETA könnten die Aspekte des Vertrags, die nicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, vorläufig angewandt werden. Im Anschluss würde CETA von den nationalen Parlamenten beraten werden. Vollständig kann der Vertrag erst nach der Ratifizierung durch alle zuständigen nationalen Parlamente in Kraft treten.
Parallel zur Abstimmung über das CETA-Abkommen wird das Europäische Parlament eine Resolution mit Forderungen zu einzelnen Aspekten der Umsetzung des Abkommens annehmen. Sozialdemokraten werden sich etwa für eine zeitige Überprüfung und effektive Umsetzung des Nachhaltigkeitskapitels stark machen. Zudem ist die Mitsprache des Parlaments bei der weiteren Ausgestaltung des Investitionsgerichtssystems entscheidend sowie eine detaillierte Überwachung der Effekte des Abkommens auf Drittstaaten.

Reform des Emissionshandels – Balance zwischen Klimaschutz und Erhalt von Arbeitsplätzen – Richtlinie; Debatte am Montag, 13.02.2017, ab 17 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 15.02.2017 ab 12 Uhr

Hintergrund: Der europäische Emissionshandel läuft seit mittlerweile zwölf Jahren. Industrie- und Energieanlagen müssen seitdem für jede ausgestoßene Tonne Kohlenstoffdioxid eine Emissionsberechtigung vorweisen. Durch die Begrenzung dieser Zertifikate sollen der CO2-Ausstoß reguliert und das Klimaziel der Europäischen Union erreicht werden. Energieunternehmen müssen die Zertifikate in einer Auktion erwerben. Industriesektoren, die im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten einen Großteil der Zertifikate kostenfrei, um konkurrenzfähig bleiben zu können. In den vergangenen Jahren hat sich ein Überschuss von ca. 2 bis 3 Milliarden Zertifikaten aufgebaut. Der Preis für die Berechtigung einer Tonne Kohlenstoffdioxid liegt aktuell bei 5 Euro – aus Sicht vieler Kritiker zu wenig, um einen Anreiz für kohlenstoffarme Technologien zu bieten. Das Parlament stimmt am 14. Februar über seine Position zur Reform des Emissionshandels für die vierte Handelsperiode zwischen 2021-2030 ab.
EP-Position: Der federführende Umweltausschuss will die Emissionen bis 2030 weiter senken und zwar um 2,4 statt um 2,2 Prozent jährlich. Um dem Überschuss an ungenutzten Zertifikaten zu begegnen, sollen mindestens 800 Millionen Zertifikate gelöscht werden. Industriesektoren, die weniger stark im internationalen Wettbewerb stehen, sollen zukünftig Zertifikate kaufen statt sie kostenfrei zu erhalten. Als alternativer Schutzmechanismus sollen Importe in die EU in das Emissionshandelssystem einbezogen werden und es soll eine Art Grenzausgleich fällig werden. Zudem soll ein Fonds aufgebaut werden, um arbeitsmarktpolitische Folgen in industrialisierten Regionen abzufedern.
SPD-Position: Die SPD-Abgeordneten sehen die Parlamentsposition als deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission. Insbesondere ist es gelungen, den Emissionshandel ambitionierter zu gestalten, sodass er stärker zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens beiträgt. Auf der anderen Seite sollen kostenfreie Zertifikate fairer zugeteilt und Industriesektoren wie Stahl oder Chemie besser vor Wettbewerbsnachteilen geschützt werden. Positiv ist ebenfalls die Ausweitung des sogenannten Innovationsfonds, der Projekte für Erneuerbare Energien und emissionsarme Industrieverfahren fördern soll. Der sozialdemokratischen Fraktion ist es gelungen, einen Übergangsfonds einzurichten, der soziale Härten in betroffenen Branchen abmildern soll.
Ausblick: Bei der Abstimmung in Straßburg handelt es sich um die erste Lesung. Es ist unklar, ob der Umweltministerrat auf seiner Sitzung am 28. Februar 2017 zu einer Position kommt. Erst dann können Verhandlungen zwischen Parlament und Rat aufgenommen werden. Mit einer Einigung wird im Jahr 2017 gerechnet. Am Ende der Verhandlungen muss das Parlament der Reform erneut zustimmen.

Zukunft der EU – Schaffung einer Eurozonen-Haushaltskapazität – Initiativbericht; Ausschussabstimmung voraussichtlich Montag, 13.02.2017; Debatte im Plenum Dienstag, 14.02.2017, ab 9 Uhr; Abstimmung im Plenum Donnerstag, 16.02.2017, ab 12 Uhr

Hintergrund: Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, dass die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, deren Herzstück die Eurozone ist, noch lange nicht perfekt funktioniert. In ihrer gegenwärtigen Form ist sie viel zu anfällig für existenzielle Krisen und kommt auch dem Ziel, die wirtschaftliche und soziale Konvergenz der Euro-Staaten zu fördern, nicht zufriedenstellend nach. Eine Eurozonen-Haushaltskapazität kann eine entscheidende Rolle bei der Behebung dieser Defekte spielen. Denn durch die Bereitstellung von Finanzmitteln im begrenzten Rahmen ließen sich Krisen frühzeitig abfedern und sinnvolle Reformen unterstützen. Der Initiativbericht von Berès/Böge steht in einer Reihe mit den Berichten von Bresso/Brook und Verhofstadt (siehe Beitrag von Jo LEINEN in dieser Schwerpunktliste), mit denen das Europaparlament vor dem entscheidenden Ratsgipfel im März Anforderungen an die zukünftige Gestaltung der Wirtschafts- und Währungsunion formulieren will.
EP-Position: Die pro-europäische Mehrheit des Europäischen Parlaments stimmt darin überein, dass eine Eurozonen-Haushaltskapazität entscheidend dazu beitragen kann, die Wirtschafts- und Währungsunion zu stabilisieren. Allerdings werden die damit verbundenen Ziele unterschiedlich gewichtet. Während die progressiven Fraktionen des Hauses gleichzeitig die soziale und wirtschaftliche Konvergenz wiederbeleben sowie Wachstum und Beschäftigung stärken wollen, drängt das konservativ-liberale Lager darauf, dass die Eurozonen-Haushaltskapazität mit einem Festzurren der nationalen fiskalpolitischen Daumenschrauben verbunden wird.
SPD-Position: Mit der Gründung der Wirtschafts- und Währungsunion waren das Versprechen auf eine nachhaltige Wohlstandsmehrung und eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den beteiligten Staaten verbunden. Die Erfahrung der vergangenen Krisenjahre hat jedoch gezeigt, dass der bestehende Rechtsrahmen überarbeitet werden muss, um insbesondere die soziale Wirkung der Eurozonen-Integration zu verbessern. Die Eurozonen-Haushaltskapazität muss diesen Anspruch aufnehmen und darf daher nicht auf rein wirtschaftliche Ziele verengt werden.
Ausblick: Zurzeit liegt noch kein finaler Berichtsentwurf vor. Die Fraktionen befinden sich in intensiven Beratungen, um die letzten Eckpunkte des anvisierten Kompromisses auszuhandeln. Der Ausgang dieser Verhandlungen wird ein erster Gradmesser dafür sein, wie sich die neuen Kräfteverhältnisse im Europaparlament in der zweiten Hälfte der Mandatsperiode auf die Handlungsfähigkeit der Kammer in grundlegenden Fragen der Gestaltung Europas auswirken werden.

Zukunft der EU – demokratischer und handlungsfähiger – Initiativbericht; Debatte am Dienstag, 14.02.2017, 9 bis 11.50 Uhr; Abstimmung am Donnerstag ab 12 Uhr

Hintergrund: Die Europäische Union steht vor enormen internen und externen Herausforderungen. Zugleich hängt die erfolgreiche Interessenvertretung für europäische Bürgerinnen und Bürger mehr denn je von einer starken EU ab: ob beim Thema Flüchtlingskrise, bei den sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der Eurozone oder der sicherheits- und handelspolitischen Positionierung Europas vor dem Hintergrund einer erratischen US-Regierung unter Donald Trump sowie einem aggressiv-expansionistischem Russland. Vorschläge für die Verbesserung der Europa-Verträge präsentiert das Europäische Parlament in dem Bericht über „Mögliche Entwicklungen und Anpassungen der derzeitigen institutionellen Struktur der Europäischen Union“.
EP-Position: Eine pro-europäische Mehrheit im Verfassungsausschuss hatte den Bericht bereits im Dezember 2016 angenommen. Darin wird kritisiert, dass die von den Menschen in die EU gesetzten Erwartungen auch aufgrund mangelnder Kompetenzen auf europäischer Ebene nicht erfüllt werden können. Der Bericht fordert eine offene Debatte über die zukünftige Architektur der EU, die in einen neuen europäischen Konvent münden soll. Besonders in der Wirtschafts- und Fiskalpolitik und der Sicherheits- und Verteidigungspolitik werden Ansätze im gesamteuropäischen Interesse durch Vetomöglichkeiten für einzelne Mitgliedstaaten verhindert. Das Parlament fordert die Ausweitung der sogenannten Gemeinschaftsmethode. Dabei entscheiden die beiden Ko-Gesetzgeber, das Europäische Parlament und der Rat, gemeinsam per Mehrheitsbeschluss. Zudem sollen die Möglichkeiten der EU gestärkt werden, Verletzungen der Grundwerte der Union durch Mitgliedstaaten zu sanktionieren. Ein Budget für die Eurozone, das von einem europäischen Finanzminister verwaltet wird, würde helfen, wirtschaftliche Schocks besser abzufedern und die soziale und wirtschaftliche Konvergenz innerhalb der Eurozone zu fördern.
SPD-Position: Die Europa-SPD setzt sich für eine handlungsfähige EU ein, die in jenen Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten allein nicht mehr genug Einfluss nehmen können, die nötigen Kompetenzen zur Verfügung hat. Dazu gehören die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Handelspolitik, die Migrations- und Flüchtlingspolitik und die Währungs- und Wirtschaftspolitik. Auch die Klima- und Umweltpolitik kann nur grenzüberschreitend erfolgreich sein. In anderen Bereichen, etwa der Steuer- und Sozialpolitik, muss der Vielfalt in Europa Rechnung getragen werden. Jedoch muss es der Union möglich sein, im sozialen Bereich sowie bei der Unternehmensbesteuerung, Mindeststandards zu setzen, um einen Negativwettbewerb zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger zu verhindern.
Ausblick: Am Sonntag, 25. März 2017 werden die Staats- und Regierungschefs der EU das 60-jährige Jubiläum der Römischen Verträge feiern und eine Erklärung zur Zukunft der Union verabschieden. Die Europäische Kommission hat ein Weißbuch zu diesem Thema angekündigt, das vor dem Gipfel veröffentlicht werden soll.
Die Position des Europäischen Parlaments in der Debatte zur Zukunft der EU legt der Bericht fest – zusammen mit den zwei Berichten über „Die Verbesserung der Funktionsweise der Europäischen Union durch Ausschöpfung des Potenzials des Vertrags von Lissabon“ und über „Die Haushaltskapazität des Euroraums“ (siehe Beitrag von Udo BULLMANN in dieser Schwerpunktliste).

Was gilt wo als Terrorismus? – Angleichung des Strafrechts in Europa – Richtlinie; Debatte am Mittwoch, 15.02.2017, ab 15 Uhr; Abstimmung am Donnerstag, 16.02.2017, ab 12 Uhr

Hintergrund: Bisher bestehen teilweise noch Unterschiede zwischen den EU-Staaten, was als Terrorismus gilt und was nicht. Deshalb sollen die Vorgaben im Bereich des Strafrechts nun weiter angeglichen werden. Derzeit gilt ein Beschluss aus dem Jahr 2002. Am 2. Dezember 2015 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine neue Richtlinie vorgelegt. Diese soll EU-weit vergleichbare Definitionen für Straftaten im Bereich des Terrorismus festlegen. Die Vorschläge ergänzen die bestehenden Regeln etwa um Regelungen zu Auslandsreisen für terroristische Zwecke sowie zur Terrorismusfinanzierung. Zudem enthält die Richtlinie Regelungen zum Schutz von Opfern von Terrorismus, da diese spezielle Gruppe durch die bisherige Opferschutz-Richtlinie nicht explizit abgedeckt ist.
EP-Position: Die Europaabgeordneten unterstützen mehrheitlich die Richtlinie zur Definition terroristischer Straftaten in der EU. Die terroristischen Anschläge von 2015 und 2016 haben die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der EU-Staaten im Bereich der Terrorismus-Bekämpfung erneut unterstrichen. Die nun zur Abstimmung stehende Richtlinie kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. Der zuständige Innenausschuss hatte im Juli 2016 das Ergebnis der Trilogverhandlungen bestätigt und damit den Weg für eine Annahme im Plenum frei gemacht.
SPD-Position: Strafverfolgung von Terroristen in Europa darf nicht an unterschiedlichen Definitionen scheitern. Wir brauchen daher ein EU-weit vergleichbares Verständnis von Straftatbeständen im Bereich des Terrorismus. Der jetzt zur Abstimmung stehende Kompromiss ist aufgrund des Widerstands von konservativer Seite leider nicht in allen Punkten zufriedenstellend, etwa im Hinblick auf die Kriminalisierung von Reisen in terroristischer Absicht. So soll der Akt des Reisens zu terroristischen Zwecken oder teils sogar die Vorbereitung einer solchen Reise unter Strafe gestellt werden. Dabei ist nicht immer klar, wie terroristische Absichten bewiesen werden sollen, was aber die Voraussetzung für ein rechtstaatliches Verfahren wäre. Positiv bewerten die Sozialdemokraten hingegen die gefundenen Regeln zum Schutz von Opfern terroristischer Straftaten. Diese sollen künftig sofort und so lange wie notwendig Hilfe bekommen. Ebenfalls positiv ist die Verpflichtung zum Austausch relevanter Informationen über terroristische Strafverfahren zwischen den zuständigen Behörden in der EU. Die Sozialdemokraten unterstützen die Richtlinie deshalb in ihrer Gesamtheit.
Ausblick: Die Mitgliedstaaten haben nach Annahme der Richtlinie zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.

Stärkere Checks an Außengrenzen auch für EU-Bürger – Überarbeitung des Schengener Grenzkodex – Verordnung; Debatte Mittwoch, 14.02.2017, ab 15 Uhr; Abstimmung Donnerstag, 15.02.2017, ab 12 Uhr

Hintergrund: Einheitliche Regeln und eine Verstärkung der Personenkontrollen bei der Ein- und Ausreise in den Schengenraum – das waren die Hauptziele der Überarbeitung der Verordnung zum Schengener Grenzkodex. Die neuen Schengen-Regeln verpflichten Grenzbeamte an den EU-Außengrenzen, zukünftig nicht nur Daten von Nicht-EU-Bürgern sondern auch von EU-Bürgern bei der Ein- und Ausreise abzugleichen – und zwar mit relevanten Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem (SIS), der Datenbank über gestohlene Reisedokumente sowie nationalen Datenbanken. Bisher wurden im Falle von EU-Bürgern bei der Ein-und Ausreise nur die Reisedokumente geprüft, ein Abgleich mit Datenbanken fand jedoch nicht statt. Von Nicht-EU-Bürgern wurden die Identitäten nur bei der Einreise mit Datenbanken abgeglichen, nicht aber bei der Ausreise. Mithilfe der neuen Regeln soll zukünftig auch als bedrohlich eingestuften Personen die Einreise in die Europäische Union zusätzlich erschwert werden.
SPD-Position: Die Sozialdemokraten unterstützen effektivere Grenzkontrollen, sofern diese tatsächlich zu mehr Effizienz der Kontrollen und mehr Sicherheit an den Außengrenzen führen. Stärkere Kontrollen dürfen aber keine grundsätzliche Abschottung der EU zur Folge haben. Die intensiveren Überprüfungen, die die neuen Schengen-Regeln bewirken werden, könnten zudem gerade in der Anlaufphase zu Chaos an Flughäfen führen und lange Wartezeiten für Reisende und erhebliche Mehrkosten für Grenzstaaten verursachen. Um dies zu vermeiden, haben die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament eine Übergangsfrist von sechs Monaten für Flughäfen durchgesetzt, damit sich diese auf die neuen Abläufe vorbereiten können. Diese Übergangsfrist kann in Ausnahmesituationen – beispielsweise im Falle von notwendigen Personalaufstockungen oder einer Überarbeitung der Infrastruktur – an einzelnen Flughäfen noch einmal um 18 Monate und somit auf insgesamt 24 Monate verlängert werden.
EP-Position: Die Europaabgeordneten unterstützen mehrheitlich die Revision der Verordnung.
Ausblick: Nach der Abstimmung im Plenum muss der Ministerrat über die Revision des Schengener Grenzkodex abstimmen. 20 Tage später – also voraussichtlich im März/April 2017 – können die neuen Regeln in Kraft treten.

Deutsche Maut in der Kritik – Verkehrskommissarin steht Rede und Antwort
Aussprache am Donnerstag, 16.02.2017, 15 Uhr

Hintergrund: Der Kompromiss zur deutschen Maut zwischen der EU-Kommission und dem deutschen Bundesverkehrsministerium steht auf dem Prüfstand. Die geplante Abgabe ist umstritten, weil sie gegen das europäische Diskriminierungsverbot verstoßen könnte. Die EU-Kommission hatte deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, im vergangenen November jedoch überraschend einen Kompromiss verkündet. Gegen diese Einigung regt sich Widerstand, da die rechtlichen Bedenken nach Ansicht der Kritiker nicht aus dem Weg geräumt sind. Verkehrskommissarin Violeta Bulc soll nun in einer Fragestunde im Plenum dazu Stellung nehmen. Auch in einer Resolution, die in der März-Sitzung des Plenums verabschiedet werden soll, fordern die Parlamentarier die EU-Kommission dazu auf, den Sachverhalt aufzuklären.
SPD-Position: Nach Ansicht der Europa-SPD verstößt die geplante Maut nach wie vor gegen EU-Recht. So will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Pkw-Maut für ausländische Autofahrer einführen und zugleich deutschen Haltern umweltfreundlicher Autos den Betrag über die Kfz-Steuer erstatten – sie also weiterhin indirekt von der Maut befreien. EU-Ausländer würden durch die Maut weiterhin schlechter gestellt als Deutsche.
EP-Position: Kritik gegen die deutschen Maut-Pläne gibt es quer durch alle Fraktionen. Viele Abgeordnete unterstützen auch eine von Österreich initiierte Anti-Maut-Allianz verschiedener Anrainer-Staaten.
Ausblick: In der Plenarwoche im März soll eine Resolution gegen die deutschen Maut-Pläne verabschiedet werden. Darin fordern die Parlamentarier von der Kommission unter anderem aufzuklären, welche rechtlichen Erwägungen dazu geführt haben, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen.