#FaireArbeit – Sozialdemokraten verhindern Lohndrückerei bei Entsendungen – Revision der Entsenderichtlinie; Debatte im Plenum am Dienstag, 29.05.2018, ab 9 Uhr, Abstimmung ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Eines der wichtigsten Sozialgesetze dieser Legislaturperiode befindet sich auf der Zielgeraden: Das Plenum wird am Dienstag, 29.05.2018 voraussichtlich das Verhandlungsergebnis zur Revision der Entsenderichtlinie bestätigen. Damit werden entsandte Beschäftigte – also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für einen begrenzten Zeitraum außerhalb des Landes arbeiten, in dem sie normalerweise tätig sind – besser vor Ausbeutung geschützt. Seit 1996 in Kraft, soll die Richtlinie Mindestbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festlegen, die während eines begrenzten Zeitraums in einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Dienstleistung erbringen als in dem Land, in dem sie normalerweise arbeiten. Der bisherige unklare Rechtstext konnte Ausbeutung in der Pflege oder auf dem Bau nicht wirksam verhindern.
EP-Position: Die Revision der Entsenderichtlinie wurde federführend im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales behandelt. Bei der entscheidenden Abstimmung im September 2017 schloss sich eine progressive Mehrheit den von S&D und EVP ausgehandelten Kompromissen an. Bei den späteren Trilogverhandlungen zwischen Rat, EU-Kommission und Europaparlament fand der Bericht des Europaparlaments in weiten Teilen die Zustimmung der Regierungen.
SPD-Position: Seit März 2016 läuft auf Drängen der europäischen Sozialdemokraten der Gesetzgebungsprozess zur Überarbeitung der Richtlinie. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten konnten das Prinzip ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort‘ durchsetzen und so den Kommissionsvorschlag entscheidend ausweiten. Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können nun auch regionale und branchenspezifische Tarifverträge erhalten – vorher galten hier nur die allgemeinverbindlichen Tarifverträge. Das Verhandlungsergebnis sieht ebenso vor, dass Kosten, die bei einer Entsendung anfallen, nicht vom Lohn abgezogen werden dürfen – etwa der Transport zum Arbeitsort oder die Kosten für die Unterbringung. Die neuen Regeln schützen somit nicht nur die Beschäftigten, sondern außerdem deutsche Tarifstandards und somit unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen vor unlauterer Dumping-Konkurrenz.
Ausblick: Die Neufassung der Entsenderichtlinie ist ein großer Schritt hin zu einem faireren europäischen Arbeitsmarkt. Nach der Annahme im Plenum muss der neue Richtlinientext bis zum Jahr 2020 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Handelspolitik – verbesserter Schutz gegen Preisdumping – Verordnung; Debatte am Dienstag, 29.05.2018, ab 17 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 30.05.2018, ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Das europäische System zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken ist dringend reformbedürftig, Das haben zahlreiche Dumpingfälle in den vergangenen Monaten und Jahren, die von der EU nur unzureichend und mit langer Vorlaufzeit adressiert wurden, offensichtlich gemacht. Eine Reform wurde durch eine jahrelange Blockadehaltung der EU-Mitgliedstaaten lange auf Eis gelegt. Erst Ende 2016 nahmen Gespräche im Ministerrat wieder Fahrt auf. Nachdem sich die Mitgliedstaaten endlich auf eine gemeinsame Position verständigt hatten, konnten Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zur Ausgestaltung der Gesetzgebung beginnen. Nach intensiven Trilogverhandlungen einigten sich Ende 2018 die Verhandlungsteams des Europäischen Parlaments, angeführt vom Handelsausschussvorsitzenden Bernd Lange und des Ministerrates, auf ein Ergebnis.
Die nun modernisierte Gesetzgebung beschleunigt Verfahren und gestaltet sie transparenter. Zudem erhalten umwelt- und arbeitsrechtliche Standards erstmals gleich an mehreren Stellen Einzug in die Gesetzgebung. So werden zum Beispiel auf Druck des Europaparlaments hin die Kosten der Einhaltung hoher EU-Umweltauflagen in Zukunft bei der Berechnung von Anti-Dumping Zöllen berücksichtigt. Dies wird in der Regel dazu führen, dass die EU in Zukunft höhere Anti-Dumping-Zölle verhängen kann und damit unlauterem Wettbewerb effektiver bestraft. Eine weitere Neuerung betrifft Gewerkschaften, denen in Zukunft erstmals explizit eine Rolle in den Verfahren ermöglicht wird. Vor allem kleinere europäische Unternehmen werden in Zukunft von einem Helpdesk profitieren, das als zentrale Anlaufstelle für Fragen und Unterstützung in Anti-Dumping-Fällen fungieren wird.
EP-Position: Die Fraktionen des Europäischen Parlaments sind sich bei diesem Dossier zu weiten Teilen einig. Einige neoliberale Kräfte hatten sich zwar für weniger starke Regeln und mehr Kontrolle durch Marktmechanismen ausgesprochen, diese konnten sich aber nicht durchsetzen.
SPD-Position: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hatten sich seit Beginn der Verhandlungen zu diesem Dossier für einen effektiven Schutz der europäischen Industrie und der damit verbundenen Arbeitsplätze starkgemacht. Moderne Handelsschutzinstrumente müssen nach Ansicht der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten transparent, effektiv und gerecht sein. In dem nun zur Abstimmung stehenden Text wurde dieses Ziel, gegen teils erhebliche Widerstände aus dem Europaparlament und den Mitgliedstaaten, erreicht.
Ausblick: Nach einer Zustimmung im Plenum des Europäischen Parlamentes könnten die neuen Regeln umgehend in Kraft treten.
Finanzplanung nach dem Brexit – Parlament antwortet auf Kommissionsvorschlag – Resolution; Debatte mit EU-Kommission und Rat am Dienstag, 29.05.2018 ab 9 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 30.05.2018, ab 12 Uhr
Hintergrund: Die Europäische Union arbeitet an ihrer neuen langfristigen Finanzplanung für die Zeit nach dem Brexit, denn der aktuelle mehrjährige Finanzrahmen (MFR) läuft Ende 2020 aus. Die Kommission hatte am 2. Mai ihren lange erwarteten Vorschlag vorgelegt. Demnach werden Programme wie Erasmus Plus und das Forschungsprogramm Horizont finanziell gestärkt und neue Aufgaben wie in der Verteidigungspolitik mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet. Die beiden großen Ausgabenposten Struktur- und Agrarpolitik haben unter Kürzungen zu leiden. Der EU-Haushalt wächst von aktuell 1,03 Prozent auf 1,11 Prozent des Bruttonnationaleinkommens in Verpflichtungen. Real betrachtet entwickelt sich der EU-Haushalt nur minimal, muss aber nach dem Austritt der Briten von nur noch 27 Mitgliedstaaten geschultert werden. Für Deutschland ergeben sich dadurch Mehrzahlungen im unteren einstelligen Milliardenbereich pro Jahr.
Um diese zusätzlichen Finanzierung zu gewährleisten, schlägt die Kommission mehrere neue Eigenmitteln für die EU vor, wie etwa eine Plastikmüllabgabe. Dadurch könnten die nationalen Direktüberweisungen in Zukunft kleiner werden.
EP-Position: Das Parlament hat in seiner Position einen Haushaltsrahmen vorgeschlagen, dessen Größe 1,3 Prozent des europäischen Bruttonationaleinkommens entsprechen würde. Diese Position ist ambitioniert, aber das Parlament zeigt damit, wie der Haushalt einer solidarisch weiterentwickelten EU aussehen könnte. Denn nur weil die EU in Sicherheits- und Verteidigungsfragen größer werden soll, werden die Investitionsbedarfe in der EU-Strukturpolitik nicht weniger wichtig. Mehrausgaben sind nötig, um zusätzliche Aufgaben stemmen zu können.
Zudem muss der Haushalt in Zukunft unabhängiger werden vom Segen der nationalen Finanzminister. Das Parlament begrüßt daher den Eigenmittelvorschlag der Kommission und hat bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, dem MFR nur zuzustimmen, wenn sich auf der Einnahmenseite etwas tut.
SPD-Position: Die Sozialdemokraten fordern, dass die EU die finanzielle Ausstattung bekommt, um die Vielzahl ihrer bestehenden und neuen Aufgaben effektiv erfüllen zu können. Richtig ist, dass Erasmus Plus verdoppelt wird und die Ausgaben für die Forschungspolitik aufgestockt werden. Für eine nachhaltige Lösung der Flüchtlingskrise muss die EU-Grenzschutzbehörde genauso gestärkt werden wie die Investitionen in die nachhaltige Entwicklung. Hier muss die EU noch mehr tun, als die Kommission vorschlägt.
Ausblick: Die EU-Regierungschefs werden sich erstmalig auf ihrem Gipfel Ende Juni 2018 mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen beschäftigen. Klar ist, dass es dabei zu keinen Fortschritten kommen wird, zunächst einmal ist eine Aussprache geplant. Viel Zeit sollten sich die Regierungschefs nicht lassen, denn um eine reibungslose Implementierung der zukünftigen EU-Finanzen zu garantieren, sollten sich die EU-Institutionen vor den Europawahlen im Mai 2019 einigen. Zum Vergleich: Die Verhandlungen zum aktuellen Finanzrahmen haben 29 Monate gedauert.
Tachobetrug bekämpfen! – Legislativer Initiativbericht; Debatte am Mittwoch, 30.5.2018, ab 16 Uhr; Abstimmung am Donnerstag, 31.5.2018, ab 12 Uhr Pressekonferenz am Mittwoch, 30.5.2018, um 11h, im Presseraum in Straßburg, Livestream hier: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/other-events/schedule
Hintergrund: Derzeit haben in Europa 5 bis 12 Prozent aller gebrauchten PKW im nationalen Handel und 30 bis 50 Prozent im grenzüberschreitenden Handel einen manipulierten Kilometerstand. Dadurch entstehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern zwischen 5,5 und 9,6 Milliarden Schaden jährlich. Manche Mitgliedsstaaten wie Belgien und die Niederlande haben mit dem „Carpass“ bzw. dem „Nationale Autopas“ bereits eigenständige Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung initiiert. Weiterhin existieren technische Maßnahmen, um Manipulationen des Kilometerzählers zu verhindern. Allerdings gibt es auf europäischer Ebene bisher keinen kohärenten gesetzlichen Rahmen, um Tachobetrug wirksam zu bekämpfen und das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Gebrauchtwagenmarkt wieder herzustellen.
EP-Position: Der Verkehrsausschuss hat den Bericht von Ismail Ertug im April 2018 einstimmig angenommen. Der Bericht enthält vier wesentliche Maßnahmen:
1. Die Europäische Kommission soll einen gesetzlichen Rahmen dafür schaffen, dass die Mitgliedsstaaten analog zum belgischen Modell Datenbanken für Tachostände einrichten, in denen Kilometerstände bei Werkstattbesuchen und Hauptuntersuchungen gespeichert werden. Diese Datenbanken sollen EU-weit kompatibel sein und auch grenzüberschreitende Abfragen ermöglichen.
2. Technische Maßnahmen wie zum Beispiel Hardware-Sicherheitsmodule, sichere Hardware-Erweiterungen und die Anwendung international anerkannter Standards zur IT-Sicherheit, sollen verpflichtend werden.
3. Zunehmens sind vernetzte Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, die bereits Daten wie den Kilometerstand an die Hersteller schicken. Die EU-Kommission soll daher einen Rechtsrahmen dafür schaffen, dass diese Daten beim Gebrauchtwagenkauf zur Verifizierung des Kilometerstandes genutzt werden dürfen.
4. Die EU-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, Tachobetrug als Straftatbestand in ihre Gesetzgebung aufzunehmen und sie entsprechend zu verfolgen und zu ahnden.
SPD-Position: Der Gesetzesentwurf geht auf eine Initiative von Ismail Ertug, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, im Verkehrsausschuss zurück und wird von den Abgeordneten unterstützt. Besonders wichtig ist für die Sozialdemokraten, dass möglichst schnell ein Rechtsrahmen für die Datenbanken geschaffen wird und der Austausch dieser Daten beim grenzüberschreitenden Fahrzeugkauf funktioniert. Aber auch die Hersteller sind in der Pflicht, alle technisch machbaren Maßnahmen zu ergreifen, damit Betrüger keine Chance mehr haben.
Ausblick: Der Bericht wurde im Verkehrsausschuss mit nur einer Gegenstimme angenommen und wird voraussichtlich eine breite Mehrheit im Plenum finden. Seit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament ein indirektes Gesetzesinitiativrecht und kann die Europäische Kommission dazu auffordern, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen (Artikel 225). Der Verkehrsausschuss hat für dieses wichtige Thema zum ersten Mal von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Nachhaltige Fischerei in der Nordsee auch nach dem Brexit – Verordnung; Debatte am Montag, 28.05.2018, ab 17 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 29.05.2018, ab 12 Uhr
Hintergrund: Es geht um Fangmengen und Fischregeln – Mehrjahrespläne haben die Aufgabe die Ziele und Vorschriften der EU-Fischereipolitik (GFP) für bestimmte Fischarten und Meeresregionen umzusetzen. Die Pläne sollen bezifferbare Vorgaben und einen klaren Zeitrahmen enthalten.
Nach dem im Juli 2016 verabschiedeten Mehrjahresplan für die Ostsee ist der Mehrjahresplan für die Grundfischbestände in der Nordsee nun der zweite Plan dieser Art unter der reformierten GFP.
Bislang existierten für die Nordsee lediglich getrennte Bewirtschaftungspläne für Kabeljau, Scholle und Seezunge. Diese und weitere in gemischten Fischereien gefangenen Grundfischbestände (Schellfisch, Seelachs, Wittling, Seeteufel, Tiefseegarnele und Kaisergranat) sind nun in einem einheitlichen Mehrjahresplan umfasst.
Ziel dieses Plans ist es, insbesondere diese Fischbestände auf einen Stand zu bringen, welcher den höchstmöglichen Dauerertrag (maximum sustainable yield, MSY) sichert und beibehält. Gleichzeitig hat der Plan die Verpflichtung zur Anlandung und den Ökosystemansatz umzusetzen. Die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Erlaubte Fangmengen haben in Zukunft den Vorgaben und Zeitrahmen des Nordseeplans zu entsprechen. Der Zielwert muss so rasch wie möglich und schrittweise bis spätestens zum Jahr 2020 erreicht werden.
Der Plan beinhaltet ebenfalls Referenzpunkte für die Bestandserhaltung, die Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel die Verringerung von Fangmöglichkeiten, also Quoten, auslösen.
Der Plan nimmt ferner Bezug zur Freizeitfischerei. Hat die Freizeitfischerei gemäß wissenschaftlichen Gutachten erhebliche Auswirkungen auf die Sterblichkeit eines bestimmten Bestands, können die Mitgliedstaaten die Freizeitfischerei beschränken.
EP-Position: Der zuständige Fischereiausschuss des Europäischen Parlamentes hat das Trilogergebnis im März 2018 angenommen.
SPD-Position: Die SPD-Abgeordneten setzen sich für eine nachhaltige und wissensbasierte Fischereipolitik ein. Wichtige Errungenschaften aus SPD-Sicht sind, dass der zur Abstimmung stehende Mehrjahresplan für die Grundfischbestände in der Nordsee klare Regeln enthält, wie die EU-Fischereiminister die jährlichen Gesamtfangmengen und Quoten in Zukunft festsetzen. Maßnahmen müssen zudem auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten basieren. Der Plan beinhaltet Vorschriften, die eine schnelle Anpassung an neue wissenschaftliche Daten erlauben, er umfasst zudem die Freizeitfischerei. Auch hier hat sich das Parlament gegenüber dem Rat durchgesetzt.
Dagegen sind einige Kernanliegen der SPD nicht in der Verordnung zu finden, beispielsweise einheitliche Vorgaben für Ziel- und Beifangarten und eine direkte Verknüpfung mit der bestehenden Umweltgesetzgebung, die dem Widerstand der Konservativen zum Opfer gefallen sind.
Der SPD-Berichterstatterin Ulrike Rodust war es wichtig, einen Bewirtschaftungsplan rechtzeitig für die entsprechenden Brexit-Verhandlungen verabschiedet zu haben. Es ist wesentlich, dass hier die Bestände nachhaltig befischt werden – vor und nach dem Brexit. Die gemeinsam genutzten Bestände unterliegen einer gemeinsamen Verantwortung. Der nun verabschiedete Nordseeplan bietet sowohl eine Basis für die Brexit-Verhandlungen als auch für nachhaltige Fischbestände und Fischereien in der Nordsee.
Ausblick: Im Falle einer Zustimmung des Plenums tritt die Verordnung im Herbst 2018 in Kraft.