Aktuelle Plenarwoche

Bild: European Union

Juni-Gipfel zu EU-Reformen – Merkel & Macron zum Neustart Europas drängen – Statements von EU-Kommission und Rat sowie Debatte zur Gipfel-Vorbereitung am Dienstag, 12.06.2018, ab 9-11.50 Uhr; Tagung des Europäischen Rates am 28./29.6.2018

Hintergrund: Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Europas setzen sich seit Langem für einen Neustart der Politik in der Europäischen Union ein. Es geht zum Beispiel darum, das einseitige Kürzungsdiktat, die sogenannte Austeritätspolitik, aufzugeben, die in Südeuropa ganze Regionen ins Elend stürzt und Millionen junger Menschen ohne Arbeit und Perspektive lässt. Es geht darum, Investitionen stärker auf die EU-Agenda zu setzen sowie die Integration der Europäischen Union gegen die nächste globale Finanz- oder Bankenkrise zu vertiefen. Emmanuel Macron ist nach seiner Wahl vergangenes Jahr mit einer europapolitischen Vision angetreten, die der französische Staatspräsident in Reden an der Pariser Universität Sorbonne sowie in Athen vorgestellt hat. Darin forderte er ein deutlich stärkeres Europa, unter anderem mit eigenem Eurozonenbudget und einem eigenen Finanzminister. Nach 250 Tagen typischer Merkel-Floskeln kam vor einigen Tagen endlich eine Antwort aus dem Kanzleramt.
EP-Position: Die proeuropäischen Fraktionen im Europaparlament begrüßen grundsätzlich eine tiefere Integration der Europäischen Union beziehungsweise der Eurozone.
SPD-Position: Mehrere Vorschläge Macrons lehnen sich an langjährige Forderungen der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an, wenn auch wichtige sozial- oder umweltpolitische Pläne in den Vorstellungen des französischen Präsidenten nahezu vollständig fehlen. Auch der Großteil von Merkels Vorschlägen ist nicht neu, sondern steht auf Druck der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Koalitionsvertrag mit der SPD. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europaparlament engagieren sich von jeher für eine starke Europäische Union und sind in dieser Hinsicht Macron gegenüber aufgeschlossen. Die EU muss handlungsfähig bleiben beziehungsweise sich weiterentwickeln, wenn sie die aktuellen Herausforderungen bewältigen und so verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen will. Eine gute Voraussetzung hierfür hat die SPD geschaffen, indem sie in harten Verhandlungen in Berlin dafür gesorgt hat, dass der europapolitische Teil des Koalitionsvertrags so ambitioniert ausfällt wie nie zuvor.
Ausblick: Auf dem EU-Gipfel im Juni werden die Vorschläge der französischen und der deutschen sowie weiterer Regierungen für Reformen der EU voraussichtlich zusammentragen und verhandelt. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am 28. und 29. Juni in Brüssel (im EU27-Format) über den Brexit und (im Euro-Gipfel-Format) über das Euro-Währungsgebiet beraten.

Debatte zur Zukunft der EU mit dem niederländischen Premier Mark Rutte – Mittwoch, 13.06.2018, 10 Uhr bis 12.30 Uhr

Hintergrund: Seit Anfang 2018 lädt das Europaparlament zu jeder Plenarsitzung einen Staats- beziehungsweise Regierungschef zu einer Debatte über die Zukunft Europas ein. Nach dem irischen Premierminister Leo Varadkar im Januar, dem kroatischen Premierminister Andrej Plenković im Februar, dem portugiesischen Premierminister António Costa im März, dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im April, dem belgischen Premier Charles Michel sowie dem luxemburgischen Premier Xavier Bettel im Mai ist die Aussprache mit Mark Rutte die siebte in der Reihe.
Ausblick: Bundeskanzlerin Angela Merkel wird voraussichtlich im November 2018 mit den Europaabgeordneten diskutieren.

Treibhausgase im LKW-Verkehr reduzieren! – Verordnung; Abstimmung über Trilogergebnisse; Debatte am Montag, 11.6.2018, ab 17 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 12.6.2018, ab 12 Uhr

Hintergrund: Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen (Lkw) machen etwa fünf Prozent der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen aus und sind damit im Straßenverkehr nach den PKW-Emissionen das größte Problem. Trotz der enormen Bedeutung dieser Emissionen werden sie bisher nicht reguliert, und noch nicht einmal überwacht und an staatliche Stellen übermittelt. Daher haben die EU-Institutionen einen Verordnungsvorschlag verhandelt, der die Hersteller von LKW zukünftig verpflichten soll, die Emissionen ihrer Fahrzeuge offenzulegen.
EP-Position: Nach der Abstimmung im Umweltausschuss im Januar ging der Berichterstatter der sozialdemokratischen Fraktion, Damiano Zoffoli, in Vorab-Triloge. In diesen setzte das Europaparlament Transparenzstandards für das neue Überwachungssystem durch, mithilfe dessen LKW-Käufer bessere Kaufentscheidungen treffen können, und Hersteller damit größere Anreize haben, effizientere Fahrzeuge zu verkaufen. Außerdem hat das Parlament durchgesetzt, dass die EU-Kommission über Lücken zwischen Fahrzeugtests und Realemissionen berichten muss sowie, dass Sanktionen verhängt werden können, wenn Hersteller falsche Daten übermitteln.
SPD-Position: Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokranten unterstützen die Messung der CO2-Werte von Lkw. Auf Drängen unter anderem der sozialdemokratischen Fraktion gegen die EVP muss auch über Werte zur Aerodynamik Auskunft gegeben werden.
Ausblick: Wenn das Parlament das Verhandlungsergebnis annimmt, kann die Verordnung nach Annahme durch den Rat unverzüglich in Kraft treten. Das Ergebnis würde zudem in einen Vorschlag für CO2-Grenzwerte für LKW einfließen, den die EU-Kommission im Mai 2018 veröffentlicht hat und der nun im Europaparlament beraten wird.

Der Iran-Deal gilt – Antwort der EU auf die US-Sanktionen – Aussprache nach Statement der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag, 12.06.2018, ab 15 Uhr

Hintergrund: US-Präsident Donald Trump kündigte am 8. Mai 2018 das sogenannte Atomabkommen mit dem Iran, offiziell Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA). Es hält die kontrollierte Reduzierung der iranischen Uranbestände gegen eine Lockerung westlicher Sanktionen fest. Nach jahrelangen Verhandlungen war das Abkommen im Juli 2015 von Iran, den USA, China, Russland und den E3 (Frankreich, Deutschland, UK) unterzeichnet und in einer Resolution des UN-Sicherheitsrates verankert worden. Obwohl die internationale Atomorganisation die vollständige Einhaltung des Atomdeals durch den Iran bestätigte, veranlasste Präsident Trump die Wiedereinführung von US-Sanktionen, von denen die ersten am Montag, 6. August 2018 in Kraft treten.
EP-Position: Die EU steht geschlossen hinter dem Iran-Deal – einer der größten diplomatischen Erfolge der vergangenen Jahre – und unterstützt die Linie der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Um sicherzustellen, dass der Iran weiterhin am Atomabkommen festhält, müssen die wirtschaftlichen Vorteile des Vertragswerkes bewahrt werden. Die EU-Kommission hat Anfang Juni 2018 zwei konkrete Antworten auf die Entscheidung von Präsident Trump verabschiedet: Erstens soll die sogenannte „Blocking Statue“ aktiviert werden. Die Verordnung würde europäische Firmen mit Handelsbeziehungen zum Iran vor den angekündigten US-Sanktionen beschützen. Des Weiteren sollen die Hürden der Europäischen Investitionsbank (EIB) beseitigt werden, damit die EIB in Zukunft EU-Investitionen im Iran unterstützen kann.
SPD-Position: Die sozialdemokratischen Außenpolitikerinnen und Außenpolitiker halten unter allen Umständen an dem Iran-Abkommen fest. Die Reaktion Trumps gilt als äußerst unverantwortlich, gefährdet Frieden und Sicherheit auf der Welt und stellt multilaterale Abkommen infrage.We call on the rest of the international community to remain committed to the full implementation of this historical agreement.
Ausblick: Die EU-Kommission verabschiedet diese Woche zwei delegierte Rechtsakte bezüglich der „Blocking Regulations“ (verantwortlich ist der Handelsausschuss) und der EIB-Darlehen (verantwortlich ist der Haushaltsausschuss). Das Europäische Parlament und der Rat haben zwei Monate Zeit, Einwände zu erheben. Andernfalls treten die delegierten Rechtsakte in Kraft. Die Einigkeit in der EU bröckelt jüngst, nachdem in Polen, Rumänien und Lettland Zweifel an der harten Haltung gegenüber den USA verkündet wurden. Die nächste Ratssitzung findet Ende Juni 2018 statt.

Mehr Sicherheit beim Drohnen-Einsatz – europäische Mindeststandards – Verordnung; Debatte am Montag, 11.06.2018, ab 18 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 12.06.2018, ab 12.30 Uhr

Hintergrund: Die neue europäische Flugsicherheitsverordnung (EASA-Verordnung) wird nach mehr als zweijährigen Verhandlungen im Plenum in Straßburg abgestimmt. Darin werden zum einen gemeinsame Regeln für die Luftfahrt auf EU-Ebene erneuert und zum anderen die in Köln ansässige Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) mit neuen Kompetenzen ausgestattet. Damit wird der in dieser Legislaturperiode wichtigste Gesetzgebungsprozess im Bereich Luftfahrt zum Abschluss gebracht.
SPD-Position: Auch die Sicherheitsstandards für Drohnen fallen unter diese Verordnung. Mit der neuen Verordnung können in Europa die Chancen von Drohnen, etwa beim Versand oder der Luftaufklärung bei Katastrophen und Unfällen, genutzt und gleichzeitig Sicherheit, Privatsphäre und Umwelt für Bürgerinnen und Bürger geschützt werden. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten konnten klare Regeln für die Registrierung der Betreiber von Drohnen sowie die Zertifizierung von Drohnen ab einer gewissen Größe und einem gewissen Gewicht durchsetzen. Endlich gibt es demnach Mindeststandards in allen europäischen Mitgliedsstaaten. Außerdem müssen dank der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten künftig jede Drohne einer Betreiberin oder einem Betreiber zugeordnet werden. Zwar geht die EU-Regelung, aufgrund des Widerstandes industriefreundlicher Fraktionen wie der Konservativen oder der Liberalen, noch nicht ganz so weit wie zum Beispiel die deutsche deutlich strengere Drohnen-Verordnung aus dem Jahr 2017. Aber die Vereinheitlichung der Mindeststandards ist ein guter Start in die richtige Richtung.
Ausblick: Bei einer Zustimmung durch das Plenum treten die neuen Regeln umgehend EU-weit in Kraft. Die meisten Vereinbarungen sollen dann innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden. Zum Thema Drohne gibt die Verordnung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit das Recht, Regeln aufzustellen und das Europäische Parlament behält sich das Vetorecht bei neue Maßnahmen vor.

Afrikanisch-karibisch-pazifischen Staaten – verbindliche Menschenrechtsstandards als Grundlage von Kooperation – Resolution; Debatte am Dienstag, 12.6.2018, ab 18 Uhr; Abstimmung Mittwoch, 13.6.2018, ab 12.30 Uhr

Hintergrund: Das Abkommen zwischen der EU und der AKP-Gruppe, das heißt 79 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten, ist ein umfassendes Rahmenwerk für Entwicklungskooperation, politischen Dialog und Handel. Seine Ziele sind die Verringerung von Armut und Ungleichheit, die Unterstützung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung der Partnerländer und die Erleichterung der schrittweisen Integration ihrer Wirtschaft in die Weltwirtschaft. Das Abkommen, das aufgrund des westafrikanischen Ortes seiner Unterzeichnung im Jahr 2000 auch als Cotonou-Abkommen bezeichnet wird, ist auf 20 Jahre konzipiert. Das Europäische Parlament befasst sich jetzt in einer Resolution mit den Verhandlungen über eine Neuauflage ab dem Jahr 2020.
EP-Position: Der Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments hat den Resolutionsentwurf im April 2018 angenommen. Die Resolution unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission, ein Abkommen mit den AKP-Staaten mit einer neuen Struktur anzustreben. In Zukunft soll die Zusammenarbeit stärker regional fokussiert sein, jeweils auf die drei Regionen Afrika, Karibik und Pazifik. Das Abkommen soll weiterhin rechtlich verbindlich sein und Demokratie- und Menschenrechtsbestimmungen enthalten. Es wird zudem den Rahmen für die zukünftigen politischen, entwicklungspolitischen und Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP bilden.
SPD-Position: Norbert Neuser, entwicklungspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, ist Hauptverantwortlicher des Entwicklungsausschusses für die zukünftigen Beziehungen zu den AKP-Staaten. Sein Ansatz wird von den anderen Fraktionen unterstützt. Wichtig für die SPD sind die rechtlich verbindlichen Menschenrechtsstandards und Demokratiebestimmungen, die Grundlage der politischen Kooperation, etwa in Migrationsfragen, der Entwicklungszusammenarbeit und der Handelsbeziehungen zwischen EU und AKP-Staaten sein müssen. Obwohl der Rahmen der EU-AKP-Beziehungen sehr weitreichend ist, werden die Beziehungen von den Konservativen derzeit vollständig auf die Migrationsbekämpfung reduziert. Die SPD spricht sich für eine umfassende, partnerschaftliche Kooperation in Migrationsfragen aus, die auch Ursachen und Hintergründe beleuchtet. Die Konservativen denken leider nur in simplen Schablonen von Rückführungen und Rücknahme von Migranten.
Ausblick: Sofern die Resolution nicht am migrationspolitisch motivierten Widerstand der Konservativen scheitert, bildet sie den Beitrag des Europäischen Parlaments zu den anstehenden Verhandlungen zwischen EU und AKP-Staaten über ein neues Partnerschaftsabkommen. Das Europaparlament wird über das neue Abkommen am Ende der Verhandlungen formell abstimmen.

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