Whistleblower werden europaweit geschützt – Richtlinie; Debatte Montag, 15.04.19 ab 17 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 16.04.19
Hintergrund: Ohne den Mut von Edward Snowden und Antoine Deltour wären NSA-Überwachung oder Lux-Leaks-Affäre nie an die Öffentlichkeit gelangt. Die Whistleblower haben ihre individuelle Zukunft im Interesse der Allgemeinheit aufs Spiel gesetzt. Nicht alle Eingeweihten wagen den Schritt, über Missstände öffentlich zu informieren, weil die Folgen ungewiss sind und sie selbst kaum rechtlichen Schutz genießen. Das Europäische Parlament hat daher lange auf eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern gedrängt, die Verstöße gegen EU-Recht melden. Der Druck hat Wirkung gezeigt. Am 12. März 2019 haben sich die Verhandlungsteams von Parlament und Rat in Straßburg auf einen gemeinsamen Gesetzestext zum Schutz von Hinweisgebern geeinigt. Das Europäische Parlament wird diese Einigung voraussichtlich am Dienstag, 16. April 2019, in Straßburg bestätigen, nachdem der zuständige Rechtsausschuss bereits einstimmig grünes Licht gegeben hat.
SPD-Position: Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die im öffentliche Interesse Missstände aufdecken, gehören geschützt, nicht verfolgt. Die Europa SPD unterstützt daher das Ergebnis der Verhandlungen, die maßgeblich von der sozialdemokratischen Verhandlungsführerin des Europäischen Parlaments geprägt wurden. Das neue Gesetz wird künftig einen europaweiten Schutz für Personen bieten, die Verletzungen von bestimmten, klar definierten EU-Gesetzen melden, inklusive Fälle von Steuerbetrug, Geldwäsche oder Verstöße gegen Datenschutz- oder Umweltschutzbestimmungen. EU-Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, den Schutz auf weitere Bereiche auszuweiten. Unternehmen mit einer Belegschaft ab 50 Personen, müssen eine interne Stelle zum Melden von Missständen einrichten. Hinweisgeberinnen und -geber können sich an diese oder an externe Stellen, die von den Mitgliedstaaten eingerichtet werden, wenden. Wenn keine dieser beiden Wege zum Erfolg führt, können Whistleblower auch an die Öffentlichkeit gehen. Das Parlament konnte auch durchsetzen, dass Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower, wie Degradierung oder Kündigung, explizit verboten sind. Personen, die Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber unterstützen, wie zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen, genießen ebenfalls Schutz vor jeder Form von Vergeltung.
Ausblick: Wenn das Europäische Parlament grünes Licht für das Trilog-Ergebnis gegeben hat, müssen die EU-Mitgliedstaaten final entscheiden. Sie haben daraufhin zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationale Gesetze umzusetzen.
Arbeitsbedingungen kontrollieren, Verstöße aufdecken – Verordnung; Debatte Dienstag, 16.04.2019, ab 9 Uhr; Abstimmung ab 12 Uhr
Hintergrund: Die neue EU-Arbeitsbehörde hat eine Schlüsselfunktion, um Ordnung und Gerechtigkeit auf dem europäischen Arbeitsmarkt sicherzustellen. Sie ist zukünftig der erste Ansprechpartner für nationale Arbeitsinspekteure, die grenzüberschreitende Kontrollen durchführen. Dadurch erhalten ehrliche Unternehmen mehr Schutz vor unfairem Wettbewerb.
Bislang ende die Kompetenzen der nationalen Kontrollbehörden an den jeweiligen Grenzen der Mitgliedstaaten, während sich Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im europäischen Binnenmarkt frei bewegen können. Kontrollen und Durchsetzungen von Arbeitnehmerrechten werden somit erschwert. Es reicht nicht, nur gute Arbeits- und Sozialgesetze auf EU-Ebene zu beschließen. Diese müssen auch mehr als bisher auf Einhaltung kontrolliert werden. Darum ist die gemeinsame Arbeitsbehörde so wichtig, die als Bindeglied zwischen den national zuständigen Behörden fungiert.
SPD Position: Die Arbeitsbehörde ist ein langjähriges Projekt der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Schwarzarbeit, Sozialleistungsbetrug und betrügerische Entsendungen, die den alleinigen Zweck haben die Lohnkosten zu senken, schaden dem Binnenmarkt und dem Vertrauen in Europa. Dank dem Einsatz der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten liegt der Fokus der neuen Behörde auf der effizienten Anwendung und Durchsetzung von europäischem Arbeits- und Sozialrecht. Grenzüberschreitende Kontrollen, die in Kooperation von nationalen Behörden und unterstützt durch die EU-Behörde durchgeführt werden sollen, werden dazu ihren Beitrag leisten. Auch die Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ist positiv zu bewerten. Dennoch hätte sich die Europa-SPD, weitergehende Befugnisse für die neue Behörde gewünscht. So sieht die Verordnung keine Sanktionsmöglichkeiten gegen kooperationsunwillige Mitgliedsstaaten vor.
Mit dem entschiedenen Einsatz für Ordnung und Gerechtigkeit auf dem europäischen Arbeitsmarkt wird langfristig das höchste Gut des Binnenmarkts gesichert: die Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Ausblick: Die Arbeitsbehörde wird noch dieses Jahr ihre Arbeit aufnehmen und bis 2024 voll operationsfähig sein. Die Mitgliedsstaaten stellen jeweils zwei Verbindungsbeamte für die Behörde ab. Am Ende sollen 144 Beamte für die Behörde arbeiten. Die Mitgliedsstaaten sind derweil aufgerufen, bis zum 6. Mai ihre Bewerbung für den Behördensitz einzureichen. Die Abstimmung im zuständigen Ministerrat über den Sitz der neuen Behörde ist für den 13. Juni angesetzt.
Arbeit 2.0 muss Schutz und Rechte gewährleisten – Richtlinie, Debatte am Dienstag, 16.04.2019; Abstimmung ab 12 Uhr
Hintergrund: Leih- und Zeitarbeit, geringfügige und befristete Beschäftigungen sowie Teilzeitarbeit: In vielen Mitgliedsstaaten ist jeder zweite neugeschaffene Arbeitsplatz „atypisch“. Aufgrund der digitalen Transformation wird erwartet, dass diese Entwicklung sich künftig verschärfen wird. Laut Zahlen der Europäischen Kommission wurden seit 2014 rund sieben Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, wovon 20 Prozent neue Formen der Beschäftigung wie beispielsweise Plattformarbeit darstellen. Genau diese Beschäftigten müssen mit mehr Informationsrechten ausgestattet werden. Die neue Richtlinie schafft mehr Transparenz und Vorhersehbarkeit über die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
SPD-Position: Die Richtlinie ist ein wichtiger Meilenstein, um die Europäische Säule sozialer Rechte zu realisieren. Zentrale Errungenschaft ist das Recht aller Beschäftigten auf schriftliche Information über die eigenen Arbeitsbedingungen. Arbeitgeber müssen ihrer Arbeitnehmer künftig bis vor dem ersten Arbeitstag oder während der ersten Woche über die wesentlichen Elemente ihres Arbeitsvertrags informieren. Weiterhin muss der Arbeitgeber nach sechs Monaten eine schriftliche Begründung liefern, weshalb er beispielsweise einen zeitlich befristeten Vertrag nicht entfristet, da der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt ein Recht auf ein sicheres Arbeitsverhältnis hat. Mit der Richtlinie können außerdem Kosten für gesetzlich fortgeschriebene Fortbildungen nicht länger auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Leider konnte die sozialdemokratische Fraktion nicht durchsetzen, Nullstundenverträge vollständig zu verbieten, sondern lediglich mit Auflagen an den Arbeitgeber zu erschweren. Die Europa-SPD hat dafür gekämpft, auch geringfügig Beschäftigte mit weniger als 32 Stunden pro Monat in die Richtlinie mit aufzunehmen sowie Plattformarbeitnehmer in der digitalen Arbeitswelt, leider ohne Erfolg.
Ausblick: Stimmt das Europäische Parlament kommende Woche in Straßburg der Nachweiserichtlinie zu, ist die erste Lesung abgeschlossen. Danach müssen die Mitgliedsstaaten noch einmal final zustimmen, bevor diese in Kraft tritt. Ein finaler Abschluss ist noch vor den Europawahlen zu erwarten.
Finanzrisiken reduzieren – größte europäische Bankenregulierung – Eigenkapitalrichtlinie und -verordnung (CRR II / CRD V), Bankenabwicklungs-richtlinie (BRRD); Debatte Montag, 15.04.2019; Abstimmung, Dienstag, 16.04.2019
Hintergrund: In Folge der Finanzkrise von 2008 haben sich die G20-Staaten verpflichtet, die internationalen Bankenregulierung – auch bekannt als Basel II – zur verschärfen, um die zu Tage getretenen Risiken des Bankensektors und des gesamten Finanzsystems zu reduzieren. Neben der Schaffung der europäischen Bankenunion mit einer einheitlichen Aufsicht durch die Europäische Zentralbank und eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus für die größten europäischen Banken, hat sich die EU gleichzeitig auch dazu bekannt, die neuen internationalen Regelungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel III) vollumfänglich umzusetzen.
Die EU-Kommission hatte Ende 2016 deshalb einen Vorschlag zur Überarbeitung der bestehenden Eigenkapitalrichtlinie und -verordnung sowie der Bankenabwicklungsrichtlinie vorgelegt. Ziel der Überarbeitung der Bankenabwicklungsrichtlinie ist ein verbesserter Schutz von Steuerzahlergeld. Staatliche Rettungsschirme sollen durch die strengeren Regeln der Vergangenheit angehören in dem Geldinstitute Vorsorgeinstrumente aufbauen müssen, die im Falle einer Schieflage zum Einsatz kommen. Die Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie und -verordnung sieht neben mehr Eigenkapital zur Verlustabdeckung für große, internationale Banken auch eine Begrenzung der Verschuldung und einer Verbesserung der langfristigen Liquidität für alle Banken vor.
Unter der Federführung des sozialdemokratischen Berichterstatters Peter Simon konnten die langen internen Verhandlungen im Europäischen Parlament im Juni 2018 und mit den EU-Mitgliedstaaten im Dezember 2018 abgeschlossen werden. Im Europäischen Parlament lagen für den umfassenden Gesetzestext fast 1.500 Änderungsanträge vor, die in 99 Kompromissen Eingang fanden. Der zuständige Wirtschafts- und Währungsausschuss hat das Verhandlungsergebnis im Februar 2018 mit überwältigender Mehrheit angenommen (41 Ja-, 2 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen).
SPD-Position: Der Ansatz des sozialdemokratischen Berichterstatters Peter Simon ist, dass kleine und risikoarme Banken bürokratisch deutlich entlastet werden müssen, um fairen Wettbewerb in der Bankenunion mit großen, international tätigen Banken zu gewährleisten. Diese Stoßrichtung fand fraktionsübergreifend großen Anklang und konnte auch gegen die EU-Mitgliedstaaten durchgesetzt werden. So gibt es erstmals eine klare Definition von „kleinen nicht-komplexen Instituten“, die von bürokratischen Erleichterungen zum Beispiel bei der Berechnung von Liquiditätskennzahlen oder bei den Offenlegungspflichten profitieren, da diese kleinen meist regionalen Banken nicht über große Compliance-Abteilungen oder externe Berater verfügen und gleichzeitig sehr risikoarm sind.
Die Einigung verankert das Thema Nachhaltigkeit in der Bankenregulierung. So müssen künftig Umweltrisiken, soziale Risiken und Governance-Risiken von Banken eingeschätzt und adressiert werden. Außerdem konnten strenge Aufsichtsregeln beim Thema Geldwäsche etabliert werden. Aufsichtsbehörden und Anti-Geldwäsche-Behörden werden zu einer engen Kooperation und zum Informationsaustausch verpflichtet.
Ausblick: Nach der voraussichtlichen Bestätigung des Plenums am Dienstag, 16. April, in Straßburg, wird die Eigenkapitalverordnung 2 Jahre darauf in Kraft treten. Für die Eigenkapitalrichtlinie und Bankenabwicklungsrichtlinie erhalten die Mitgliedsstaaten 18 Monate für die Umsetzung in nationales Recht.
Verteidigungsfonds – keine Subventionen für die Rüstungsindustrie – Verordnung; keine Aussprache; Abstimmung am Mittwoch, 17.04.2019, 12.30 Uhr
Hintergrund: Die EU-Kommission hat als Teil der nächsten langfristigen Haushaltsplanung der EU vorgeschlagen, einen europäischen Verteidigungsfonds von 13 Milliarden Euro einzurichten. Durch den Fonds sollen grenzüberschreitende Rüstungsprojekte zwischen mindestens drei Mitgliedstaaten gefördert werden. Der Fonds sieht eine Finanzierungsrate von bis zu 100 Prozent für die Forschungsphase vor, sowie Ko-Finanzierung bis zu 20 Prozent für die Entwicklung von Prototypen und bis zu 80 Prozent für die anschließende Test- und Zertifizierungsphase. Die Teilfinanzierungsraten können unter bestimmten Bedingungen, wie etwa dem besonderen Einbezug von kleinen und mittleren Unternehmen in die zu finanzierenden Projekte, noch aufgestockt werden. Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments hatte im Dezember 2018 für die Aufnahme von Trilog-Verhandlungen mit dem Rat gestimmt, die im Februar abgeschlossen wurden. Nun liegt der finale Kompromiss zur Bestätigung durch das Plenum vor.
SPD-Position: Die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament lehnen einen Rüstungsfonds in dieser Form ab – obwohl die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung zwischen den EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich sinnvoll ist, um Verteidigung effizienter und kohärenter zu gestalten und einen Schritt in Richtung einer europäischen Verteidigungsunion zu gehen. Den Mehrausgaben im Bereich Verteidigung auf der europäischen Ebene stehen weder Einsparungen in entsprechendem Umfang in den nationalen Verteidigungshaushalten gegenüber, noch erhält die EU bisher für diese zusätzliche Aufgabe neue Finanzmittel aus den EU-Mitgliedstaaten. Wenn also Verteidigungsprojekte auf EU-Ebene gefördert werden, können wir dieses Geld nicht für Prioritäten wie Klimaschutz oder Erasmus ausgeben. Außerdem gibt es keine Möglichkeit für die EU, die Exporte der durch EU-Mittel geförderten Rüstungsgüter zu kontrollieren. Dadurch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Waffen, die mit finanzieller Unterstützung aus dem EU-Haushalt entwickelt wurden, in fragwürdige Länder exportiert werden. Unsere Forderung, dass die Rüstungsgüter wenigstens verbindlich den gemeinsamen EU-Vorgaben zu Rüstungsexporten von 2008 untergeordnet werden müssen, wurde nicht im Fonds berücksichtigt. Die Chance, die Verordnung für die Schaffung hoher Standards zur parlamentarischen und ethischen Kontrolle von Rüstungsprojekten zu nutzen, wurde nicht wahrgenommen. Ebenfalls nicht in den Fonds aufgenommen wurde die Forderung von Finanzmitteln für die Konversion der Rüstungsindustrie in zivile Produktion bei derzeit parallel laufender Rüstungsproduktion. Die SPD im Europäischen Parlament wird dem Trilog-Ergebnis deshalb nicht zustimmen.
Ausblick: Der Europäische Verteidigungsfonds soll Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 bis 2027 werden. Obwohl die Verhandlungen über die Verordnung abgeschlossen sind, ist sie von den Verhandlungen zum Gesamthaushalt des Mehrjährigen Finanzrahmens abhängig, die voraussichtlich im Herbst beginnen werden.
Online-Plattformen – Fairness und Transparenz durchsetzen – Verordnung; Debatte am Montag 15.04.2019, ab 17 Uhr; Abstimmung Dienstag, 16.04.2019, ab 12 Uhr
Hintergrund: Online-Plattformen wie das Hotelreservierungsportal Booking, der Applestore oder die Reiseplattform Edreams spielen in der digitalen Welt zunehmend eine wichtige Rolle. Unternehmen aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren davon, eine breite Palette an Wahlmöglichkeiten präsentiert zu bekommen, und das auf einem einzigen Vergleichsportal. Egal ob Hotels, Apps oder Flüge, insbesondere für kleine Unternehmen ist es nützlich, die eigenen Produkte oder Dienstleistungen über eine bekannte Plattform anbieten zu können. Diese neue Marktrealität birgt Chancen, ist aber auch mit politischen und regulatorischen Herausforderungen verbunden. Denn obwohl zahlreiche EU-Rechtsvorschriften für Online-Plattformen gelten, sind diese oft nicht an eine sich schnell ändernde Online-Welt angepasst. Das betrifft zum Beispiel das Ungleichgewicht der Rechte von gewerblichen Nutzern auf der einen – und Plattformen auf der anderen Seite. Die Position der Plattformen als Vermittler ist häufig mit Missbrauch verbunden: Die öffentliche Rangfolge der Unternehmen geschieht meist ohne jegliche Begründung; die Geschäftsbedingungen der Plattform können sich von einem Tag auf den anderen ändern. Die Verordnung zur Fairness und Transparenz im Online-Handel schafft einen Rechtsrahmen, der unfairen und intransparenten Handelspraktiken, die sich negativ auf europäische Unternehmen auswirken, ein Ende bereitet.
SPD-Position: Zuletzt gelang es dem Parlament, auf Druck der Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen nicht nur eine Transparenzpflicht aufzuerlegen, sondern auch mittels einer sogenannten schwarzen Liste, unlautere Handelspraktiken als Rechtswidrig zu erklären. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind häufig zu lang, zu kompliziert oder enthalten willkürliche Vorgaben. Die neuen Regelungen schaffen Rechtsicherheit für Unternehmen und schützen Verbraucherinnen und Verbraucher vor fälschlichen Angaben. Unverständlicherweise ignorierte der Kommissionsvorschlag ursprünglich diese Aspekte.
Ein für die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen essenzieller Punkt sind die Bestimmungen zur verschärften Durchsetzung der Vorschriften. Den EU-Mitgliedstaaten soll die Möglichkeit eingeräumt werden, Organisationen zu bestimmen, die Fälle im Interesse von gewerblichen Nutzern vor Gericht bringen können. Dies soll über eine spezielle Beobachtungsstelle für Online-Plattformen geschehen, die die wirksame Umsetzung der Vorschriften sowie die Marktentwicklung zu überwachen hat.
Ausblick: Die neuen Vorschriften können 12 Monate nach ihrer Annahme und Veröffentlichung in Kraft treten und werden dann innerhalb von 18 Monaten einer Überprüfung unterzogen. So wird sichergestellt, dass sie mit dem sich rasch entwickelnden Markt Schritt halten.
Verbraucherschutz modernisieren und besser durchsetzen – Richtlinie; Abstimmung Dienstag, 16.04.2019
Hintergrund: Die Richtlinie ist das umfangreichste und kohärenteste Projekt zur Stärkung des Verbraucherschutzes der vergangenen Jahre. Dieser erste Teil das Maßnahmenpaket des sogenannten „New Deal for Consumers“ sieht vor, die bestehenden europäischen Verbraucherschutzrechte künftig besser durchsetzen zu können. Zudem wird die neue Richtlinie Verbraucherrecht modernisieren und damit der zunehmenden Digitalisierung Rechnung tragen. Insbesondere werden die Informationspflichten von Vertragsparteien auf Online-Plattformen verschärft. So werden Verbraucherinnen und Verbraucher künftig ohne weiteres erkennen können, ob sie mit der Plattform oder mit einer Privatperson als Drittanbieter einen Vertrag schließen – und somit auf Verbraucherrechte verzichten. Viele Unternehmen wissen inzwischen so viel über Verbraucher und Verbraucherinnen wie sie selbst – und manchmal sogar mehr. Mit raffinierten Verkaufsalgorithmen machen diese Unternehmen personalisierte Angebote. Das hat Vorteile aber auch Nachteile, wie beispielsweise zunehmend Preisdiskriminierung durch kundenspezifische, höchstpersönliche Preise. In Zukunft werden Verbraucher und Verbraucherinnen zumindest wissen, ob diese Art von Preisfindungstechniken auf sie angewandt werden. Damit wird es Ihnen ermöglicht, von ihren Rechten als Datenschutzsubjekt Gebrauch zu machen. Eine weitere Stärkung der Verbraucherrechte besteht in der Einführung von Rechtsbehelfen wie Kündigung, Umtausch etc. für Verbraucher bei Verstoß gegen die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Hätte die Richtlinie bereits in der Vergangenheit über individuelle Rechtsbehelfe verfügt, wäre insbesondere deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern auch in Fällen wie „Dieselgate“ geholfen worden, weil der Nachweis einer irreführenden Werbung von VW unproblematisch erbracht hätte werden können. In der Zukunft werden Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten Verbraucher und Verbraucherinnen bei einem Verstoß gegen die Richtlinie individuelle Rechtsmittel gewähren können. Der zweite Teil wird erst in der nächsten Legislaturperiode abgeschlossen und soll eine neue Verbandsklageart einführen.
SPD Position: Die SPD-Abgeordneten begrüßen die Reform des europäischen Verbraucherschutzrechts. Sie bedauern allerdings, dass die EU-Mitgliedstaaten das Problem der Vermarktung eines Produkts von zweierlei Qualität nicht konsequent genug angehen wollen. Diese Geschäftspraxis beinhaltet, dass ein Produkt unter identischem Namen, aber mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Qualität in verschiedenen Märkten der EU angeboten wird. Diese Geschäftspraxis hat oftmals eine Diskriminierung zur Folge. Verbraucher und Verbraucherinnen bestimmter Mitgliedstaaten erhalten lediglich minderwertige Qualität, obwohl das Produkt unter derselben Vermarktungsstrategie angepriesen wird. Die SPD hatte sich dafür eingesetzt, dass diese Geschäftspraxis als irreführend und damit unlauter eingestuft wird. Die Mitgliedstaaten ließen sich lediglich davon überzeugen, dass zweieinhalb Jahre nach Umsetzung der Richtlinie nochmals von der EU-Kommission geprüft werden muss, ob ein generelles Verbot nicht doch vorteilhafter für europäische Verbraucher und Verbraucherinnen ist.
Ausblick: Wenn das Europäische Parlament am Dienstag, 16. April der Reform zustimmt haben die EU-Mitgliedstaaten zweieinhalb Jahre Zeit die Richtlinie umzusetzen.
Nachhaltig bewegen – erstmals CO2-Grenzwerte für LKW – Verordnung; Debatte Mittwoch, 17.04.2019, ab 9 Uhr; Abstimmung voraussichtlich ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Die LKW-Emissionen sind durch den zunehmenden Warenverkehr in den vergangenen Jahren gestiegen. Andere große Märkte wie die USA regulieren den Ausstoß schwerer Nutzfahrzeuge bereits. Die Europäische Kommission hat daher als Teil des sogenannten Dritten Mobilitätspakets im Jahr 2018 erstmals CO2-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge vorgeschlagen, um die Trendumkehr zu schaffen.
Die Verordnung ist Teil des unionsweiten Ziels, die Treibhausgase in den sogenannten Sektoren der Lastenteilung (vor allem Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall) von 2005 bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Nachdem das Europäische Parlament im November seine Position beschlossen hatte, konnten die Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten zügig abgeschlossen werden, damit die Verordnung noch in dieser Legislatur beschlossen werden kann. Die Einigung sieht vor, dass die Hersteller ihre Flottenwerte im Zeitraum von 2020 bis 2025 um 15 Prozent reduzieren, bis 2030 dann um 30 Prozent. Besonders sparsame Fahrzeuge sollen dabei mehrfach angerechnet werden.
SPD-Position: Die Europa-SPD begrüßt den zügigen Abschluss und den Inhalt der Verordnung. Die Grenzwerte sind überfällig, damit endlich vorhandene Effizienzpotentiale genutzt werden können. Viele bereits vorhandene Technologien zum Spritsparen haben die Hersteller im Verkauf noch nicht eingesetzt, unter anderem, weil die Käuferinnen und Käufer bisher nur unvollständige Informationen über das Potential der Technologien haben. Zudem werden viele LKW von Vermietern betrieben, die kein Eigeninteresse haben, möglichst effiziente Fahrzeuge zu kaufen. Die nun möglichen Einsparungen können auch an die Endkundinnen und Endkunden weitergegeben werden. Wir haben unter anderem erreicht, dass mögliche Strafzahlungen der Hersteller in einen Topf für sozialverträglichen Wandel gezahlt werden sollen.
Der Wandel zu effizienterer und emissionsärmerer Mobilität ist notwendig und hat bereits begonnen. Die deutsche und europäische Kraftfahrzeugindustrie darf diesen Wandel nicht verpassen. Ansonsten droht die EU gegenüber der USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Die Europa-SPD arbeitet dafür, dass die Branche auch in Zukunft Garant für Arbeitsplätze und Wohlstand bleibt. Weitere Informationen zu nachhaltiger Bewegung in Europa sind auf der Homepage der Europa-SPD zu finden
Ausblick: Nach dem Parlament muss auch der Rat das Ergebnis der Verhandlungen bestätigen. Die Verordnung tritt dann direkt in Kraft, die Grenzwerte gelten ab 2025 und ab 2030.
InvestEU – Massive Investitionen in Nachhaltigkeit – Initiativbericht; Abstimmung Mittwoch, 17.04.2019, ab 12 Uhr
Hintergrund: Das Investitionsprogramm InvestEU soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Fortentwicklung der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu unterstützen. Besonders in Mitgliedstaaten, die im Zuge der Finanzkrise und der daraus resultierenden Staatsschuldenkrise einen Kürzungskurs einleiten mussten, werden so neue Investitionsmittel frei, zum Bespiel zum Aufbau von Infrastruktur. Der aktuelle Kompromiss stellt sicher, dass sowohl die Finanzexpertise der Europäischen Investitionsbank als auch die politische Orientierung über die EU-Kommission genutzt werden. In Zukunft werden auch die nationalen Förderbanken Kredite an private Akteurinnen und Akteure vor Ort vergeben können.
Das Europäische Parlament hatte im Januar sein Mandat für die Verhandlungen mit den Vertreterinnen und Vertretern des Ministerrates für InvestEU erteilt. Die Unterhändler von Parlament und Rat haben sich Ende März auf einen gemeinsamen Rechtstext verständigt. Nun muss das Verhandlungsergebnis formell von beiden Institutionen bestätigt werden. Offen gelassen wurden in den Verhandlungen die Frage der Größe des Fonds sowie Fragen, die von der Ausgestaltung des künftigen Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) abhängig sind.
SPD-Position: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen sich dafür ein, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zur Messlatte europäischer Politik zu machen. Dass InvestEU als zentrales Ziel haben wird, Investitionen im Sinne der Nachhaltigkeitsziele auszulösen, ist ein großer Verhandlungserfolg unseres sozialdemokratischen Verhandlungsführers Roberto Gualtieri. Damit stellen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sicher, dass der Fonds einen nachhaltigen Mehrwert schafft. Investitionen um der Investitionen willen, wie das teilweise beim sogenannten Juncker-Fonds, dem Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI), der Fall war, wird es nicht mehr geben.
Ausblick: InvestEU soll ab dem Jahr 2021 aktiv werden und dann den Europäischen Investitionsfonds ablösen. Die Größe des Fonds hängt von der Ausgestaltung der EU-Finanzplanung für die Jahre 2021 bis 2027 ab. Die Verhandlungen hierzu beginnen voraussichtlich im Herbst 2019, wenn sich der Rat bis dahin auf eine gemeinsame Position verständigen konnte.
Kostengünstige Medikamente für den europäischen Markt – Verordnung; Abstimmung voraussichtlich Dienstag, 17.04.2019
Hintergrund: In der Apotheke sollen Bürgerinnen und Bürger die Auswahl haben, ob sie sich für Markenprodukte oder erschwinglichere Alternativen, sogenannte Generika, entscheiden. Besonders bei regulärer Einnahme von Medikamenten macht dies für viele Menschen einen großen Unterschied im Geldbeutel. Mit der Einführung des sogenannten ergänzenden Schutzzertifikats im Jahre 1996 wollte die Europäische Union Herstellern innovativer Arzneimittel einen Anreiz geben, in der EU zu forschen und zu entwickeln. Das Zertifikat soll einen Ausgleich für den Wegfall des effektiven Patentschutzes schaffen, der durch verpflichtende und langwierige klinische Prüfungen bedingt ist. So verlängert das Schutzzertifikat das jeweilige Grundpatent um bis zu fünf Jahre, was zu einem maximalen Patentschutz von 15 Jahren ab der Markteinführung führen kann. Das Konzept hat für lange Jahre sehr gut funktioniert, jedoch entwickelt sich der Medizin-Sektor ständig weiter. Generika, also beispielsweise Produkte, die als Alternative zu bekannten Marken wie Aspirin oder Bepanthen verkauft werden, haben innerhalb kürzester Zeit die globalen Märkte erobert. In der EU ansässige Hersteller von Generika und/oder Biosimilars – darunter können Impfstoffe oder Hormone wie Insulin fallen – haben gegenwärtig mit großen Problemen auf dem EU-Binnenmarkt zu kämpfen. Kurz gesagt, sie werden gegenüber Herstellern, die außerhalb der Union ansässig sind, benachteiligt. Aus diesem Grund würde die Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel erweitert, um so die Herstellung und Lagerung (in der Fachsprache „stockpiling“ genannt) von Generika innerhalb der EU zu erleichtern. Die neuen Regeln werden den Zugang zu Medikamenten für die europäischen Patientinnen und Patienten günstiger machen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der in der EU ansässigen Generika- und Biosimilar-Industrien stärken. Die neuen Bestimmungen betreffen Hersteller, die wirkstoffidentische Kopien von Markenmedikamenten nach dem Ende des Patentschutzes produzieren. Die neuen Regeln werden den Zugang zu Medikamenten für die europäischen Patientinnen und Patienten erschwinglicher machen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der in der EU ansässigen Generika- und Biosimilar-Industrien stärken.
SPD-Position: Die sozialdemokratische Fraktion konnte durchsetzen, dass die entsprechenden Unternehmen, neben der Produktion für den Export in Drittländer, auch in den letzten sechs Monaten vor Ablauf des ergänzenden Schutzzertifikates einen Vorrat anlegen dürfen. Dadurch können sie das in der EU produzierte neue generische Medikament ab dem ersten Tag nach Ablauf des Schutzzertifikates auf dem europäischen Binnenmarkt verkaufen.
Ausblick: In Kraft tritt die Änderung der Verordnung noch in diesem Jahr und betrifft als erstes alle Schutzzertifikate, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt beantragt werden.
Digital & Fair: Investitionen in die Zukunft – Verordnung; Programm Digitales Europa; Abstimmung Mittwoch, 17.04.2019, ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und den Risiken entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission für die langfristige EU-Finanzplanung von 2021 bis 2027 einen neuen Fonds für den digitalen Wandel vorgeschlagen. Waren Investitionen in die Digitalisierung unter dem bisherigen mehrjährigen Finanzrahmen noch über verschiedene Förderprogramme verteilt, bündelt das Programm Digitales Europa nun 9,2 Milliarden Euro für Investitionen in den Aufbau von Kapazitäten im Bereich von Supercomputern, Künstlicher Intelligenz, Cybersicherheit, sowie in digitale Bildung und die Förderung der flächendeckenden Nutzung digitaler Technologien in Wirtschaft und Gesellschaft.
SPD-Position: Die Digitalisierung verändert Wirtschaft, Gesellschaft und Industrie. Damit Europa ein Innovationsstandort bleibt, muss der Prozess entsprechend begleitet werden – vor allem durch Investitionen in ländlichen Regionen mit einem Schwerpunkt auf digitaler Bildung. Denn alle Bürgerinnen und Bürger sollen an der digitalen Gesellschaft der Zukunft teilhaben können, und alle Unternehmen sollen die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung unabhängig von ihrem Standort ausschöpfen können. Insbesondere in Künstliche Intelligenz als wichtiger Bestandteil industrieller Wertschöpfungsketten von morgen sind Investitionen von großer strategischer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Union. Die SPD im Europäischen Parlament begrüßt daher diesen Vorstoß der EU-Kommission, das Thema auf europäischer Ebene anzupacken. Die Investitionen müssen größtenteils aus der Privatwirtschaft kommen – wofür langfristig eine entsprechende Gesetzgebung und Investitionsanreize notwendig sind. Neben dem Aufbau von Kapazitäten ist der Ausbau von 5G-Infrastruktur eine Voraussetzung, um den digitalen Wandel sozial gerecht zu gestalten. Hier sind die EU-Mitgliedsstaaten gefordert, eine flächendeckende Abdeckung zu gewährleisten.
Ausblick: Die vorläufige Einigung, die jetzt zur Abstimmung steht, hängt noch von den Verhandlungen zum Gesamthaushalt des Mehrjährigen Finanzrahmens ab, die voraussichtlich im Herbst beginnen werden.
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