EU-Gipfel – mehr Mittel für den Klimaschutz nötig – Plenardebatte zum Dezember-Gipfel am Mittwoch, 18.12.2019, ab 9 Uhr
Hintergrund: Hauptthemen des EU-Gipfels sind die Klimapolitik und die langfristige EU-Finanzplanung. Der aktuelle Bericht der Europäischen Umweltagentur über den Zustand der Umwelt in Europa warnt, dass die EU die kommenden zehn Jahre für einen radikalen Strukturwandel nutzen muss, damit sie ihre umweltpolitischen Ziele bis 2030 und 2050 erreichen kann. Ungarn, Tschechien und Polen zögern, sich dazu zu bekennen, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden muss. Die Zentraleuropäer fordern laut Medienberichten unter anderem, die für den Umbau ihrer Wirtschaft nötigen Hilfsgelder für einen Zeitraum bis 2030 und darüber hinaus festzuschreiben. Zugleich betonen sie die Bedeutung der Nuklearenergie, um Klimaneutralität zu erreichen. Auch über die Frage, ob und auf welchen Wert das mittelfristige Klimaziel der EU für 2030 angehoben werden soll, herrscht Uneinigkeit im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs. Für die Ausgestaltung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) ab 2021 hatte die EU-Kommission unter dem damaligen Präsidenten Jean-Claude Juncker im Mai 2018 einen Entwurf veröffentlicht. Die Planung soll für sieben Jahre gelten und maßgebliche Weichen für die Ausgestaltung der EU-Finanzen stellen. Während des Gipfels am 11. und 12. Dezember werden die Staats- und Regierungschefs nun endlich erstmals konkret diskutieren, nachdem die finnische Ratspräsidentschaft einen Entwurf mit konkreten Volumina vorgelegt hatte.
EP-Position: Die Abstimmung für den Klimanotstand ist ein Appell an die Institutionen und Mitgliedstaaten der EU, die europäische Klimapolitik ambitionierter anzugehen und die soziale Dimension der EU-Klimapolitik zu stärken. So soll die EU ihr Klimaziel für 2030 auf 55 Prozent anheben und bis spätestens 2050 klimaneutral werden. Auch hat das Europäische Parlament die Schaffung eines sogenannten Just Transition Funds für vom Strukturwandel betroffene Regionen gefordert. Das Europäische Parlament hatte bereits im November 2018 seine Position vorgelegt, in der die Abgeordneten einen ambitionierten EU-Haushalt fordern, der den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Leistungen der Europäischen Union entsprechen sollte. Dazu gehört eine Aufstockung von erfolgreichen Programmen wie Erasmus Plus oder dem Forschungsprogramm Horizont Europa, die Einrichtung eines Eurozonenbudgets, aber auch eine ausreichende Finanzierung der Regionalpolitik, die auch in vielen Regionen in Deutschland noch gebraucht wird.
SPD-Position: Die EU muss sich ambitionierte Klimaziele setzen. Für 2030 fordern die SozialdemokratInnen eine Reduzierung von Treibhaugasen auf 55 Prozent. Leider verhindern CDU und CSU hier noch eine klare Positionierung der Bundesregierung. Bis spätestens 2050 muss die EU klimaneutral sein. Dabei muss die EU einen sozial gerechten Wandel schaffen, unter anderem mit einem EU-Fonds, der den Strukturwandel in Kohleregionen unterstützt. Die Sozialdemokratie steht für eine Klimapolitik, die sich nicht nur um diejenigen kümmert, die sich um das Ende der Welt sorgen – sondern auch um diejenigen, die sich um das Ende des Monats sorgen. So kann Europa zum Vorbild für andere Staaten werden, die mit ihren Klimaplänen nachzuziehen. Bei der EU-Finanzplanung setzen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sich dafür ein, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zur Messlatte europäischer Haushaltspolitik zu machen. Die Europa-SPD erwartet eine zügige Einigung vom Rat. Niemand will einen chaotischen Start der neuen Finanzplanung. Es wäre ein politisches Armutszeugnis, wenn Wohlfahrtsverbände, Kommunen und mittelständische Unternehmen wie in 2014 auf Zahlungen aus Europa warten mussten, aufgrund der späten Verabschiedung der langfristigen EU-Finanzplanung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es in der Hand: Möchte sie eine schnelle Einigung, muss sie frühzeitig die Bereitschaft Deutschlands signalisieren, höhere Beiträge mitzutragen.
Ausblick: Würde sich der Europäische Rat für die Klimaneutralität des Kontinents bis 2050 und eine Erhöhung des Klimaziels für 2030 auf 55 Prozent aussprechen, wäre dies ein starkes Signal zur Unterstützung der neuen EU-Kommission, um den Green Deal auf den Weg zu bringen. Auch wäre es ein Zeichen an die Weltgemeinschaft, die derzeit auf dem Weltklimagipfel in Madrid tagt, dass die EU ein internationaler Klimavorreiter sein will. Dies könnte andere Staaten ermutigen, ihre Klimapläne ebenfalls nachzuschärfen. Mit einer Einigung zum mehrjährigen Finanzrahmen ist auf diesem EU-Gipfel nicht zu rechnen, da kein konsensfähiges Papier vorliegt. Um einen reibungslosen Start der neuen Programmperioden zu ermöglichen, müssen sich die Mitgliedstaaten spätestens in der anstehenden kroatischen Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2020 einigen.
Zukunft der EU – Europa weiter demokratisieren – Finalisierung des Entwurfs am Dienstag, 17.12.2019 – Gedenken an die Unterzeichnung des Lissaboner Vertrags vor zehn Jahren, Mittwoch, 18.12.2019, ab 9 Uhr
Hintergrund: Ob Jean-Claude Junckers Weißbuch oder Emmanuel Macrons Vorschläge – die bisherigen Initiativen und Bürgerkonsultationen zur EU-Reform hatten bisher keine nennenswerten Folgen. Obwohl zur Europawahl Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller Fraktionen angetreten waren, setzte der Rat im Nachhinein überraschend auf Ursula von der Leyen, die nicht angetreten war – ein offensichtliches Demokratiedefizit der EU. Die neue Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen hatte auch deshalb vor ihrem Amtsantritt eine Konferenz über die Zukunft der EU angekündigt. Die Debatte ist spätestens seit dem Vorstoß von Frankreich und Deutschland in Form eines gemeinsamen Papiers im Gange. Die Arbeitsgruppe des Parlaments will sich am Dienstag, 17. Dezember 2019, auf ein Konzept für die Konferenz über die Zukunft der EU einigen. Ihre Vorschläge sollen den auf zwei Jahre geplanten Dialogprozesses betreffen.
EP-Position: Dem Parlament ist wichtig, dass genauso viele Europaabgeordnete aus dem Parlament an der Konferenz teilnehmen wie nationale Vertreter aus den Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie des Rates. Das Europaparlament soll als einzige direkt gewählte EU-Institution eine führende Rolle bei der Konferenz einnehmen.
SPD-Position: Die Europa-SPD sieht die Konferenz über die Zukunft der EU als Chance, dem europäischen Integrationsprozess neuen Elan zu geben, die Bürgerinnen und Bürger wieder für die EU zu begeistern und die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken. Nach Meinung der europäischen Sozialdemokratie sollten die Bürgerinnen und Bürger eine zentrale Rolle bei der Konferenz über die Zukunft der EU spielen. Wichtig ist, dass eine repräsentative Auswahl der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Geschlecht, Alter, Nationalität und sozial-ökonomischer Hintergrund sichergestellt wird. Darüber hinaus setzt sich die Europa-SPD dafür ein, dass eine paritätische Geschlechterquote auf allen Ebenen der Konferenz eingehalten wird.
Ausblick: Im Januar soll eine Resolution zur Zukunft der EU im Plenum verabschiedet werden. Diese Positionierung des Parlaments dient als Grundlage für die Verhandlungen mit den anderen EU-Institutionen, die ebenfalls im Januar beginnen sollen. Der Dialogprozess ist auf zwei Jahre angelegt.
Sacharow-Preis – Menschenrechte der Uiguren wahren – Preisverleihung am Mittwoch, 18.12.2019, 12 Uhr. Debatte über Situation der Uiguren in China mit EU-Außenbeauftragtem, ab 15 Uhr
Hintergrund: Der uigurische Ökonom Ilham Tohti verbüßt derzeit in einem chinesischen Gefängnis eine lebenslange Haftstrafe, die 2014 verhängt wurde. Am 18. Dezember wird er mit dem Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet. Tohti ist ein führender uigurischer Intellektueller und unter anderem für die Gründung der Website „Uighur Online“ bekannt. Der in Peking ausgebildete Ökonom und Universitätsdozent hat unter hohem Risiko dafür gekämpft, die Position der Uiguren, einer überwiegend muslimischen Minderheit in Chinas westlicher Region Xinjiang, im chinesischen System zu stärken. Er forderte mehr regionale Autonomie und die Durchsetzung von Gesetzen gegen Diskriminierung und kritisiert öffentlich repressive staatliche Maßnahmen. Die chinesische Regierung trachtet danach, die Uiguren in ihrer Sprache, Kultur und Existenz als Ethnie zu zerstören. Dazu gehören erzwungene Programme zur Indoktrination, umfassende Verhaftungen uigurischer Intellektueller und die jüngst erneut bekannt gewordene Einrichtung von Gefangenenlagern für mehr als eine Million Menschen. Zehntausende von Kindern wurden ihren inhaftierten Eltern entführt und müssen in chinesischen staatlichen Waisenhäusern leben. All dies sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ilham Tohtis Einsatz für Menschenrechte hat eine Auszeichnung verdient: Er steht für Ausgleich, Dialog und Versöhnung. Das sind die Werte, auf denen die EU gründet und die das Europaparlament mit der Wahl für den diesjährigen Sacharow-Preis unterstreicht.
Ausblick: Die Lager in China müssen umgehend geschlossen, die Menschen entlassen werden. Bis dahin müssen die Vereinten Nationen sowie Menschenrechtsorganisationen ungehinderten Zugang zu den Lagern bekommen.
Wahl der EU-Bürgerbeauftragten – Erster Wahlgang am Dienstag, 17.12.2019, 12-14 Uhr, ggf. zweiter und dritter Wahlgang am Mittwoch, 18.12.2019, 12.30-14.30 Uhr
Hintergrund: Die Institutionen der EU sind an einen Verwaltungsapparat gebunden, der sich an Regeln halten muss. Missachten die Verwaltungen der EU-Organe diese Regeln, gibt es Beschwerden. Damit befasst sich die EU-Bürgerbeauftragte. Ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit liegt beispielsweise bei administrativen Unregelmäßigkeiten, ungerechter Behandlung, Diskriminierung oder Machtmissbrauch vor. Die Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger stellt sicher, dass die EU-Institutionen korrekt Rechenschaft ablegen, dass die Organe und Einrichtungen der EU bei ihrer Arbeit die Grundrechte wahren und den Verpflichtungen aus der EU-Grundrechtecharta nachkommen. Die Arbeit der Ombudsfrau hat sich in den vergangenen Jahren vor allem für mehr Transparenz in den EU-Institutionen eingesetzt. Das Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten gibt es seit 1992, es wurde mit dem Vertrag von Maastricht eingeführt.
SPD-Position: Die Europa-SPD unterstützt die amtierende Ombudsfrau Emily O’Reilly, eine irische Journalistin und Autorin. Sie hat sich in den vergangenen Jahren entschieden für eine stärkere Transparenz der EU-Institutionen, insbesondere des Rates, eingesetzt. Damit hat sie das Amt und die Rolle der Bürgerbeauftragten gestärkt.
Ausblick: Nach der Wahl nimmt die neue EU-Ombudsfrau umgehend ihre Arbeit auf.
Mehrwertsteuerbetrug im Online-Handel eindämmen – Resolution; Debatte Montag, 16.12.2019, ab 17 Uhr, Abstimmung Mittwoch, 18.12.2019, 12.30 Uhr
Hintergrund: Die Differenz zwischen erwarteten und tatsächlichen Mehrwertsteuereinnahmen in der EU ist immens: Laut der EU-Kommission beträgt diese Mehrwertsteuerlücke in der EU derzeit 137 Milliarden Euro, was pro Person entgangenen Einnahmen in Höhe von 267 Euro in der EU entspricht. Zudem gibt es entscheidende Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten. Die EU-Kommission hatte 2018 Vorschläge gegen Mehrwertsteuerbetrug und für eine effizientere Erhebung der Mehrwertsteuer bei Internetverkäufen vorgelegt, um die bestehenden Regeln zu überarbeiten.
EP-Position: Der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments hat sich mit großer Mehrheit hinter die Vorschläge der EU-Kommission gestellt. Damit sendet das Parlament ein deutliches Signal an den Rat, dass eine verstärkte länderübergreifende Zusammenarbeit nötig ist, damit insbesondere der Mehrwertsteuerbetrug im elektronischen Geschäftsverkehr bekämpft werden können (E-Commerce), aber auch der Mehrwertsteuerbetrug grundsätzlich.
SPD-Position: Mit den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sollen die Regeln für die Mehrwertsteuererhebung für das digitale Zeitalter fit gemacht werden. Das ist dringend notwendig, da der E-Commerce voraussichtlich weiter zunehmen wird. Zudem erlaubt d er Internet-Handel den Anbietern ihre Produkte weltweit an Verbraucherinnen und Verbraucher zu verkaufen, ohne dass eine physische Verkaufspräsenz notwendig ist. Es darf nicht sein, dass sich betrügerische Unternehmen in der EU Marktvorteile verschaffen, indem sie sich der Mehrwertsteuer entziehen. Daher begrüßt die sozialdemokratische Fraktion die Vorschläge der Kommission, dieses europäische Problem gemeinsam anzugehen.
Ausblick: Der Rat hat bereits eine generelle Ausrichtung beschlossen. Nach Anhörung des Parlaments haben die Vorschläge im Rat damit grünes Licht. Die neuen Regelungen müssen z.T. noch in nationales Recht umgesetzt werden und sollen ab dem 1.1.2024 gelten.
Digitalunternehmen fair besteuern – Resolution; Debatte Montag, 16.12.2019, 17 Uhr, Abstimmung, Mittwoch 18.12.2019, 12.30 Uhr
Hintergrund: Die Steuerpolitik hat sich, befeuert durch das exponentielle Wachstum grenzüberschreitender Transaktionen und den Anstieg von immateriellen Vermögenswerten, mehr als je zuvor zu einem zentralen Wettbewerbsinstrument von Staaten entwickelt, um Handels- und Investitionsströme zu beeinflussen. Oft hat dies fragwürdige Folgen für öffentliche Haushalte und das langfristige Wachstum. Das „BEPS 2.0“ ist ein OECD/G20-Projekt das im Januar 2019 von der OECD angestoßen wurde. „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) kostet die Länder jährlich 100 bis 240 Milliarden US-Dollar an Umsatzeinbußen. Auch in der EU sind die nominalen Körperschaftsteuersätze von durchschnittlich 32 Prozent im Jahr 2000 auf 21,9 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Um den Herausforderungen der digitalen Wirtschaft zu begegnen, arbeiten 134 Staaten zusammen. Ziel ist, einen koordinierten Ansatz im internationalen Steuerrecht zu finden. Damit sollen die Strategien zur Steuervermeidung multinationaler Unternehmen, die Lücken in den Steuervorschriften ausnutzen und Steuersysteme gegeneinander ausspielen, bekämpft werden.
EP Position: Mit der Resolution will sich das Europäische Parlament in den Konsultationsprozess einbringen. Das Europäische Parlament hat in seinen Entschließungen in den Sonderausschüssen TAXE, TAX2, TAX3 und PANA wiederholt eine Reform des internationalen Körperschaftsteuersystems gefordert, um Steuerhinterziehung, aggressive Steuerplanung und Steuerumgehung zu bekämpfen, und die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich auf eine gemeinsame europäische Position auf OECD/G20-Ebene zu einigen.
SPD-Position: Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament kämpfen seit Langem für EU-weite Mindeststeuersätze von 18 Prozent sowie eine faire Besteuerung von digitalen Unternehmen. Es ist wichtig, dass das internationale und europäische Steuerrecht vorankommt und Steuern da erhoben werden, wo Gewinne erwirtschaftet werden. Deshalb muss auch die sogenannte digitale Betriebsstätte im Europäischen Steuerrecht verankert werden.
Ausblick: Im November 2020 soll eine Einigung zur digitalen Besteuerung / BEPS 2.0 während des G20-Gipfels erzielt werden. Falls ein Abkommen zustande kommt, wird die EU das Ergebnis in EU-Recht umsetzen. Falls kein Abkommen zustande kommt, hat sich die neue EU-Kommission zu einer EU-geführten Maßnahme zur Anpassung der Steuervorschriften an die Digitalisierung verpflichtet.
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